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Das kranke Gesundheitssystem

Anregung und Kritik erwünscht

Als steter Streiter gegen ein in meinen Augen ungerechtes Gesundheitssystem, dessen Gewinner die Krankenkassen und dessen bedauerliche Opfer die Patienten sind, freue ich mich über jede Form von Zustimmung, Ratschlag, Anregung oder Kritik. Ich wünsche mir nur, dass bei aller nachvollziehbarer Emotion der gute Ton in schriftlichen Beiträgen die erste Geige spielt.

Dr. Christian Nunhofer

Das Elend der privat Versicherten

Von Kranken und Kassen Posted on 14 Feb, 2017 07:04:02

Mein Freund Ulf erzählt mir kurz vor Jahresende, sein Versicherungsmakler habe ihn informiert, dass die AXA – seine private Krankenversicherung – die Versicherungsprämie um einen Hunderter anhebe. „Na ja“, hab ich gesagt, „den Hunderter pro Jahr kannst du schon noch stemmen“.

„Nein nein“, erwiderte Ulf. „Nicht im Jahr – im Monat!“ Ein anderer AXA-Kunde hat es so formuliert: „Stellen Sie sich das mal vor: Die AXA wird ab Januar um ein Drittel teurerer! Wenn das so weiter geht, wie soll ich die Prämien im Alter noch bezahlen können?“

Nicht allein auf weiter Flur

Die AXA hat wohl zum Jahreswechsel bei ihren Privatpatienten besonders kräftig zugelangt, doch auch etliche andere Versicherer verteuerten sich im zweistelligen prozentualen Bereich. Neueren Meldungen zufolge ziehen im Frühjahr viele weitere private Versicherungskonzerne nach.

Unsereiner hat einmal auszurechnen versucht, um wie viel die privaten Krankenversicherer im Lauf der letzten zwanzig Jahre alljährlich ihre Prämien erhöht haben. Dabei bin ich auf einen Schätzwert von 4,6 Prozent p.a. gekommen. Das ist stattlich, wenn man bedenkt, dass die Inflation seit langen Jahren sehr niedrig ist und die ärztliche Gebührenordnung (GOÄ), nach der gegenüber den Privaten Krankenversicherern (PKV) abgerechnet wird, in den letzten 21 Jahren um null Prozent angehoben wurde.

30 Milliarden in 20 Jahren

Richtig, NULL Prozent. Das heißt: ein EKG zum Beispiel kostet für Privatpatienten noch genauso viel wie anno ’96. Allein durch den Nicht-Ausgleich der Preissteigerung haben die Ärzte der PKV auf jede Rechnung von 1996 bis 2016 einen Durchschnittsrabatt von 16,0 Prozent gewährt, das sind – vorsichtig geschätzt – über die Jahre in der Summe 30 Milliarden Euro.

Seit 1996 liegt die aufsummierte Teuerungsrate bei 33,6 Prozent, so dass jede Arztrechnung nach GOÄ 2016 33,6 Prozent weniger wert war als 1996. Wieder sehr zurückhaltend geschätzt, haben die Ärzte die privaten Versicherer damit im vergangenen Jahr durch den Teuerungsverlust mit 1,6 Milliarden Euro finanziell entlastet.

Provisionen in Rekordhöhe

Freilich brauchen die armen Versicherungsgesellschaften das Geld dringend: Haben sie doch alleine an ihre Makler für Neuabschlüsse 2,4 Milliarden an Prämien ausbezahlen müssen. Damit wenigsten klar ist, wessen Arbeit etwas wert ist…

Klar wie Kloßbrühe ist, dass nach 21 Jahren Nichtanpassung die Gebührenordnung GOÄ reformiert werden muss! Eine solche Reform müsste zweifellos mit einer erheblichen Erhöhung der ärztlichen Honorierung einhergehen.

Zusätzliche Belastung

Eine derartige Erhöhung kann aber nicht im Interesse der öffentlichen Hand und damit des Gesetzgebers sein, da die öffentliche Hand über die Beihilfen an der Finanzierung des Gesundheitswesens unmittelbar mitbeteiligt ist und somit die öffentlichen Haushalte zusätzlich belastet würden. (Anmerkung: die Beihilfen sind die beitragsfreien Krankenzusatzversicherungen des Bundes, der Länder und der Kommunen für die Beamten, die bis zu zwei Drittel der Arztrechnungen der Beamten übernehmen, so dass sich Beamte nur teilweise bei einer PKV versichern müssen).

Es besteht ein unlösbarer Interessenkonflikt des Gesetzgebers, der die Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung unter den derzeitigen Bedingungen kaum mit den berechtigten Ansprüchen der Ärzte nach einer erhöhten Vergütung auf einen gemeinsamen Nenner bringen können wird.

Zwang zum Wechsel in Basistarif

Eine Erhöhung kann auch nicht im Sinne der privaten Krankenversicherer sein, da diese erhöhte Ausgaben für Honorare zwangsläufig durch höhere Beiträge kompensieren müssten, was den Teil jener Versicherten, die höhere Beiträge finanziell nicht mehr darstellen können, in den billigen PKV-Basistarif zwingen würde – entgegen dem Interesse der Versicherer und auch dem der Ärzte.

Im PKV-Basistarif wird der Patient in den Leistungsansprüchen mit einem gesetzlich versicherten Patienten gleichgestellt. Der PKV-Basistarif ist ein konkretes Beispiel für soziale Ungerechtigkeit: Solange der Versicherte jung und gesund war, hat er hohe Prämien für eine optimale medizinische Versorgung gezahlt, diese aber kaum in Anspruch nehmen müssen.

Wenn er mit zunehmenden Lebensjahren der Natur entsprechend vermehrt ärztliche Leistungen braucht und sich zugleich die ansteigenden Versicherungsprämien nicht mehr leisten kann, dann muss er als Versicherter im Basistarif erfahren, dass er gerade dann die Vorteile der PKV nicht mehr nutzen kann, wenn er darauf angewiesen ist. Vormals hohe Prämienzahlungen verpuffen ohne Gegenleistung.

Versicherungsmodell ohne Zukunft

Wenn eine Gebührenerhöhung über eine Prämienerhöhung tatsächlich eine vermehrte Zahl der Versicherten in den PKV-Basistarif zwingt, so kann dies auch nicht im Interesse der Ärzte sein. Diese können dann zwar für den überwiegenden Teil der PKV-Versicherten höhere Rechnungen stellen, sehen sich aber andererseits einem zunehmenden Anteil schlecht zahlender Basistarifversicherter gegenüber. Ob aus diesen Umständen eine in der Summe höhere Honorierung der Ärzte resultiert, ist zu bezweifeln.

Die schlichte Wahrheit ist: Das Versicherungsmodell der PKV in der momentanen Form ist nicht zukunftsfähig. Dass die gesetzliche Krankenversicherung ein bürokratisches und uneffektives Monster zum Schaden ihrer Versicherten ist, habe ich im letzten Blogbeitrag erläutert. Die Lösung heraus aus dem Dilemma der GKV und der PKV heißt: eine intelligente Bürgerversicherung mit Zusatzleistungen. Wie eine solche zu gestalten ist, will ich im nächsten Blog-Beitrag erläutern.



Korrekte Fehlverteilung der Beiträge

Von Kranken und Kassen Posted on 14 Jan, 2017 07:39:26

Wer sich mit Gesundheitspolitik beschäftigt, ist sicher schon einmal über den Namen Dr. Ellis Huber gestolpert: Mediziner, ohne den Beruf praktisch je ausgeübt zu haben, aber immer in der Gesundheitspolitik aktiv, sei es als Organisator alternativer Ärztetage, Buchautor, Präsident der Ärztekammer Berlin oder Krankenkassenvorstand – dabei stets chic links, wie es sich ziemt.

In einem Posting am 28.12. im geschlossenen Ärzteforum „Hippokranet“ versuchte der Huber Ellis die Ärzte zu überzeugen, dass es ohnehin kaum einen Unterschied zwischen den Ausgaben der gesetzlichen und der privaten Versicherer pro Patient und Jahr gebe, es uns Niedergelassenen also an sich schnuppe sein könne, wenn die Privatversicherung einer Bürgerversicherung zum Opfer falle:

„Mehr oder weniger“ sollte beziffert werden

„…. In der Realität finanziert die PKV pro Versicherten in der Krankenkassen-Vollversicherung nach eigenen Angaben 2.950 Euro pro Jahr… Die GKV stellt in 2015 205 Milliarden bereit und das sind … etwa 2.905 pro Versicherten. … Der Unterschied ist nur der, dass die PKV etwa 1,5 Milliarden mehr ambulant und dafür 1,5 Milliarden weniger stationär aufwendet.“ (http://www.hippokranet.com/de/forums/thread/16/88322/838674).

Dieses „mehr ambulant und weniger stationär“ sollte sich beziffern lassen. Da hilft ein Blick in „AOK Zahlen und Fakten 2015“. Dort ist auf S. 3 „Basisdaten“ aufgeführt: „Ärzte, GKV-Ausgaben je Versicherten: 487,35 €“. (aok-bv.de/imperia/md/aokbv/aok/zahlen/zuf 2015 web.pdf).

Mit dieser Zahl wird klar: bei „Die Privaten zahlen im Grunde auch nicht mehr als die Gesetzlichen“ handelt es sich um eine scheinheilige Suggestion, die es in dieser Form gegenüber den niedergelassenen Ärzten nicht geben darf, denn von den 2.905 Euro pro Jahr der gesetzlichen Kassen landen abzüglich der 487 Euro 2.418 Euro in den Krankenhäusern.

Verlagerung von ambulant nach stationär wird erzwungen

Was hat der niedergelassene Arzt davon – und was vor allem dem Patient??
Die privaten Versicherer investieren bei ihren Ausgaben laut Herrn Huber weit mehr in die ambulante Medizin, also die niedergelassenen Ärzte. Die gesetzlichen Kassen hingegen können nicht wirtschaften, beharren der Politik gegenüber auf eine budgetierte und damit rationierte ambulante Medizin und erzwingen so eine Verlagerung der Behandlung von ambulant nach stationär. Wenn das nicht die Kosten treibt!

Ein Drittel aller Klinikaufenthalte von Kassenversicherten könnte bekanntermaßen vermieden werden, wenn der Budgetdruck nicht manche Einweisung aus wirtschaftlichen Gründen (die gelten nämlich auch für die Ärzte, nicht nur für die Kassen!) erzwingen würde. Wenn die Untersuchungen und die Behandlungen des Patienten viel mehr Aufwand verursachen als die knappen Mittelzuteilungen der Kassen abdecken, dann wird der Patient eben stationär eingewiesen. Und so gesehen bekommt der GKV-Patient für das Geld, das seine Kasse in ihn investiert, natürlich schon mehr als mancher privat Versicherte, nämlich eine stationäre Behandlung mit Verpflegung und manche Krankenhauskeim-Infektion obendrein.

Rationierung als Kostentreiber

Das alles ist zwar überflüssig, dient nicht dem Wohl des Patienten und auch nicht dem Finanzpolster der Krankenkasse – aber soweit reicht das Hirn der gesetzlichen Krankenkassenfunktionäre nicht – und das der Gesundheitspolitiker schon gar nicht. „Ambulant vor stationär“ predigen die Damen und Herren gesetzlichen Krankenkassenmanager gerne. Gesundheitspolitiker sowieso. Dass die Regelungen im Sozialgesetzbuch Kapitel V, insbesondere die Budgetierung (= Rationierung) der ambulanten Medizin genau zum Gegenteil führen und damit insgesamt die Kosten treiben, lässt sich mit den Zahlen oben belegen. Ellis Huber sei Dank!

Warum es mit den privaten Krankenversicherern trotz allem so nicht weiter gehen kann und wir wohl oder übel um eine Bürgerversicherung nicht herumkommen, werde ich Ihnen demnächst erklären.



Gefährliche Wut auf „die da oben“

Von Kranken und Kassen Posted on 24 Nov, 2016 10:23:26

Nein, die etablierten Politiker,
Journalisten und Politikwissenschaftler haben immer noch nicht
verstanden, was Donald Trump zum Präsidenten der USA gemacht hat. Im
STERN vom 11.11. erklärt der renommierte Politikwissenschaftler
Professor Karl-Rudolf Korte auf die Frage, welche Lehren die
etablierten Parteien in Deutschland im Lichte der US-Wahlen zum
künftigen Umgang mit Populisten ziehen sollten: „Zuversicht
verbreiten, nicht Angst. Und konkrete Zukunftspläne für soziale
Infrastrukturen entwickeln, die allen etwas bringen.“

Mir dünkt, Herr Professor haben etwas Wesentliches
nicht kapiert. Hat etwa Angst die Wähler Trump zugetrieben? Nein! Es
war die pure WUT auf „die da oben“, die sich sozial geben, sich
aber de facto Hand in Hand mit den Konzernen Posten und damit
Millionensummen gegenseitig zuschieben und meinen, „die da unten“
mit nichts als Stillhalteparolen abspeisen zu können.

Die Weglass-Presse als Hiobs-Botschafter

Und die
Medien, die in den USA genauso viel an Glaubwürdigkeit verloren haben
wie hierzulande? Die werden eben als Übermittler der
Hiobs-Botschaften, als „Hofnarren“, längst aber nicht mehr als
Volkstribunen und Fürsprecher der kleinen Leute wahrgenommen.
Missstände schweigt man tot, statt sie zu thematisieren.

Bei uns ist es keinen Deut anders. Als
neulich CETA – leider! – verabschiedet wurde, habe ich in
Publikationen verschiedenster Quellen allenthalben den Hinweis
vermisst, dass mit CETA auch die ordentliche Gerichtsbarkeit bei
Streitigkeiten zwischen der EU, Kanada und Konzernen abgeschafft
wird.

Deren Aufgabe übernehmen statt dessen „Schiedsgerichte“,
also obskure Hinterzimmertribunale ohne Berufungsmöglichkeit, in die
auch die Konzerne „Richter“ schicken, die Staaten zu
Milliardenstrafen aus Steuergeldern im Sinne der Konzerne verurteilen
können.

Eingestampfte Argumente

Spielte dieses Thema eine Rolle vor bei
der Berichterstattung der Weglasspresse, als sich die Wallonen dem
Handelsabkommen entgegenstemmten? Informationen, dass zwischen den
USA und Kanada das Freihandelsabkommen NAFTA besteht und US-Firmen
nur Niederlassungen in Kanada eröffnen müssen, damit – zugegeben
verkürzt – gilt: NAFTA + CETA = TTIP?

Nichts dergleichen –
Argumente wurden eingestampft auf Parolen wie „Wird die EU noch
fähig sein, ein Handelsabkommen zu ratifizieren, oder ist sie
handlungsunfähig?“ Da wurden Emotionen bedient, statt über
Fakten berichtet: Die mediale Berichterstattung war schlicht
postfaktisch. Wer durchblickt, wird in so einer Situation nicht
ängstlich, sondern WÜTEND!!!

Parallelen zur Medizin

Was hat das alles mit Medizin zu tun?
Gibt es schlimmstenfalls Parallelen? Am 2. November titelte die
„ÄrzteZeitung“ zur Reform der Gebührenordnung, die seit
21 Jahren in der Vergütung nicht mehr angepasst ist (bei
Privatpatienten kostet das EKG heute noch genau den selben Betrag wie
1996!): „Arztstunde soll 100 Euro wert sein“.

Kein
Geringerer als der Verhandlungsführers der Ärzte und Vorsitzenden
des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, der die Verhandlungen für
die Ärzte im Auftrag der Bundesärztekammer führt, tat dies kund. Hundert Euro!!! Hat er das ernst gemeint? Als ich vor etlichen Jahren
einen Medizinrechts-Anwalt zu Fragen der Gründung einer
Berufsausübungsgemeinschaft beschäftigt hatte, verlangte der 150
Euro – für die Anfahrt – und 250 Euro für die eigentliche Tätigkeit
vor Ort.

Der Anwalt ist nach acht Semestern gebacken

Zur gefälligen Erinnerung:
Mindestdauer Jurastudium acht Semester, dann ist der Anwalt gebacken,
die Kanzlei kann eröffnet werden. Mindestdauer Medizinstudium: 12
Semester (nebenbei: kein anderes Fach hat einen solchen Lernaufwand –
die spätere 60-Stunden-Berufswoche lernen die Mediziner schon im
Studium kennen, in den „Semesterferien“ stehen Praktika auf
dem Plan).

Im Anschluss dann fünf bis sechs Jahre Facharztausbildung
(auch für Allgemeinärzte!), es folgt die Facharztprüfung, dann
erst geht’s – meist verbunden mit beachtlichen finanziellen
Investitionen – in die eigene Praxis.

Handwerksmeister? Zehn Jahre Schule,
dann drei Lehrjahre bis zur Gesellenprüfung, drei Jahre
Meisterschule. Kosten Meisterstunde incl. Mehrwertsteuer 83,30 Euro
(bitte Preisliste DICKItal Elektrotechnik googeln). Nach – im
optimalen Fall – 16 Jahren Schule und Ausbildung.

Unsereiner war
extrem schnell und hat nach 27 Jahren Schule und Ausbildung seine
Facharztpraxis eröffnet – und das soll gerade 16,7 Prozent mehr wert
sein als eine Meisterstunde?

Vorschläge, die Wut erzeugen

Außerdem wage ich zu behaupten, dass
mein Wissen wesentlich komplexer und meine Verantwortung ungleich
höher ist als zum Beispiel die eines Elektromeisters. Klar, auch der
kann fatale Fehler begehen – aber wie viele Menschen hat er schon
konkret davon abgehalten, von der Autobahnbrücke zu springen oder
sich sonstwie das Leben zu nehmen?

Unsereiner? Dutzende! Von anderen
schwerwiegend und lebensbedrohlich Erkrankten in der Neurologie und
Psychiatrie, denen ich an Leib und Leben helfen konnte und helfen
kann, ganz zu schweigen. Was also bringt mir eine Arztstunde mit hundert Euro Umsatz – nicht brutto, und schon gar nicht netto? Nichts. Aber
solche Vorschläge machen etwas mit mir: sie schüren WUT!!! Ich
fühle mich in meiner Ausbildung und meiner Verantwortung im
Vergleich zu anderen Berufen schlicht missachtet!

Rationalisierungsgewinne? Sinkende Kosten?

Weiter im Text: „Auf der anderen
Seite – in der Technik – stehen Rationalisierungsgewinne und sinkende
Kosten“, schreibt die Ärzte Zeitung. Unser Ärztevertreter
Reinhardt schreckt vor einem Beispiel nicht zurück. Vor neun Jahren
habe sein neues Ultraschallgerät 50 000 Euro gekostet, vor vier
Jahren ein Neues nur noch die Hälfte.

Auch solche Kostenvorteile –
meint er – müssten in der neuen GOÄ berücksichtigt werden. Soll das
heißen, dass Ultraschallleistungen nach über zwanzig Jahren der
Nicht-Anpassung billiger werden? Das wäre ja eventuell ganz o.k.,
wenn die Versicherer ebenso denken würden, sofern es um die
Prämiengestaltung geht.

Keine sinkenden Versicherungs-Prämien

In den Krankenkassen wimmelt es nur so
vor Technik: Jeder Sachbearbeiter sitzt vor einem PC-Terminal. 1996 –
im Jahr des Inkrafttretens der aktuell immer noch gültigen GOÄ –
waren die Rechner um ein Vielfaches teurer und dabei wesentlich
leistungsschwächer als die Geräte heutzutage.

Haben Sie bemerkt,
dass ob dieses Sachverhalts Versicherungsprämien gesunken sind? Ich
nicht. Im Gegenteil: Gerade in der Privaten Krankenversicherung
stiegen die Zuschläge in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich
fünf Prozent – per annum!
(https://www.1averbraucherportal.de/versicherung/krankenversicherung/beitragserhoehung#).

Was schlussfolgert Dr. Reinhardt laut
Ärztezeitung nach mehr als zwanzig Jahren Stillstand?: „Der
Kostenrahmen für die Einführung der neuen GOÄ wird bei maximal 6,4
Prozent liegen“. Wobei, das sei an dieser Stelle spaßeshalber
aufgeführt, allein die aufsummierte Teuerungsrate von 1996 bis 2015 33,8
Prozent beträgt.

Bedroht, überfordert oder erpresst?

Warum nur bringt der Vertreter der
Ärzteschaft solch enormes Verständnis für die Positionen der
Privaten Krankenversicherungen auf? Ist er von der Komplexität der
Materie überfordert? Wird er bedroht, gar erpresst? Ist er
vielleicht zu gutmütig, um irgend jemandem auf die Füße zu treten?

Ich fürchte, die Antwort fällt simpler aus und formuliere es auf
gut bayerisch: Ja mei! Er sitzt halt wohldotiert im
Beirat der Deutschen Ärzteversicherung und der Vorsitzende der
Bundesärztekammer, Montgomery, befindet sich ebenfalls nicht nur im
Beirat, sondern auch noch im Aufsichtsrat selbiger Versicherung. „Do
hoasst´s zammhalten und nie nix zuagehm“, hätte Ludwig Thomas
Landtagsabgeordneter Josef Filser gesagt.

Money, Money, Money

Passenderweise ist die
Deutsche Ärzteversicherung eine hundertprozentige Tochter des
AXA-Konzerns, der auch ein großer privater Krankenversicherer ist.
Es geht nur ums „Diridari“, sprich: Geld. Dämmert’s jetzt? Und
was verursacht das bei dem, der durchblickt? Etwa Angst? Nein: WUT!!!

Weiter im Sermon der Ärztezeitung, und
zwar zur Rolle der Politik, denn die gewählten Volksvertreter müssen
die neue GOÄ ja letztlich beschließen. „Als Problem erweist
sich, dass der Staat nicht nur Verordnungsgeber ist, sondern über
die Beihilfe zugleich einer der Kostenträger. Die Haushaltssituation
in den Ländern bremst hier die Möglichkeit der Honorarentwicklung.“

Zur Info für alle, die mit dem Begriff „Beihilfe“ nichts
anfangen können: Das ist die private Zusatzversicherung für die
Beamten. Allein die aufsummierte Teuerungsrate 1996 bis 2015 beträgt
33,8 Prozent – und die Erhöhung der Bezüge der
Bundestagsabgeordneten liegt im selben Zeitraum bei 49,0 Prozent. Die
erneute Anhebung um 830 Euro seit 1. Juli ist noch nicht mit
eingerechnet. Arzthonorare erhöhen funktioniert aber keinesfalls –
das würde ja die öffentlichen Kassen belasten.

So tot, wie man nur sein kann

Passenderweise in diesem Sinne äußerte
sich jüngst der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium,
Laumann: Auf die Frage einer Journalistin zur sprechenden Medizin und
dazu, woher das Geld für deren Vergütung innerhalb der
Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) künftig kommen soll, antwortete er: „Die GOÄ ist nicht mein Thema“. Und: „Sie wissen,
dass die (GOÄ) zurzeit so tot ist, wie sie nur tot sein kann“.

Zudem sei dies nicht das Problem der
Gesetzlichen Krankenversicherung. Insgesamt glaube er, Laumann, dass
sich die ‚Ärzte in unserem Land alles in allem über ihre
Honorierung nicht beklagen können“.
(http://www.facharzt.de/content/red.otx/187,173179,0.html). Aha,
offenkundig ist zudem für die gesetzlich Krankenversicherten
zuständigen Staatsminister im Gesundheitsministerium noch nicht
vorgedrungen, dass für etliche basisversorgende Fachärzte die
Kassenmedizin ein Draufzahl-Geschäft ist. Das hat das kürzlich
veröffentlichte Neubauer Gutachten ergeben (sh. Blogbeitrag: „Die KVB ist existent, aber sinnlos!“).

Inkompetent dümmliches Gefasel

Diese armen
Kassenleistungserbringerarztsklaven sind auf die Einnahmen der
Privatversicherten angewiesen, um mit ihnen das defizitäre
Kassengeschäft querzusubventionieren. Bittere Realität in
Deutschland! Und was erzeugt das inkompetent-dümmliche Gefasel des
Spitzen-Gesundheitspolitikers Laumann? Bei mir jedenfalls nicht
Angst, sondern WUT!!!

Denn „die Politik“ hatte sich
natürlich über die Jahre hinweg nicht gescheut, die
Gebührenordnungen anderer Selbständiger nach oben hin ordentlich
anzugleichen, zum Beispiel die der Architekten, Notare, Steuerberater
und Rechtsanwälte.

Da heißt es doch tatsächlich im Art.
3 Grundgesetz: (1) „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“.
Ob das nicht beinhaltet, dass auch alle Menschen vom Gesetzgeber
gleich fair behandelt werden müssen, unabhängig von der
öffentlichen Haushaltslage?

Sie sägen am Ast, auf dem sie sitzen

Meine Damen und Herren von der Politik,
vom Funktionärsestablishment und von den Weglassmedien: Glauben Sie
mir, Sie können sich ruhig weiter gegenseitig anlügen über die
wahre Befindlichkeit der Bevölkerung und untauglichen demoskopischen
Ergebnissen vertrauen. Die Manipulation von „denen da unten“
zu Ihrem eigenen Wohl und dem der Konzerne in gegenseitiger Symbiose
funktioniert nicht mehr.

Die Resultate sehen Sie am Ausgang der
Brexit-Abstimmung, der US-Präsidentenwahl und vermutlich demnächst
an der Präsidentenwahl in Österreich. Der Lobbyismus, einhergehend
mit der Eigennutzoptimierungsdenke, die Sie auf Kosten „derer da
unten“ betreiben, führt dazu, dass Sie sich den Ast absägen,
auf dem Sie sitzen, weil Ihnen das eigene Wählervolk abhanden
kommt.

Es gibt nur drei Möglichkeiten

Die SPD hat es schon leidvoll erfahren
– aber immer noch nicht kapiert. Eine Wahlkampflüge wie „Es
ging uns noch nie so gut wie heute“ nimmt das Volk zu Zeiten, in
der die Mittelschicht wieder nach unten driftet und der Armutsbericht
eine ganz andere Sprache spricht, selbst einer Bundeskanzlerin nicht
ab. Es gibt nur drei Möglichkeiten:

1. Sie, die „Volksvertreter“,
wählen sich ein anderes Volk.

2. Das Volk wählt sich andere
Vertreter.

3. Sie fangen an, wieder das Volk zu
vertreten anstatt zuerst Ihre Interessen und die der Konzerne gegen
das Volk. Auch wenn diese Denke für Politiker vom Schlage eines José
Manuel Barroso, Gerhard Schröder, Daniel Bahr, Ronald Pofalla,
Eckart von Klaeden etc. etc. unvorstellbar ist.



„Glückszahlen“ für Krankenkassen

Von Kranken und Kassen Posted on 21 Okt, 2016 02:40:01

„Ein Volk von Schwerkranken“
titelt die Journalistin Cornelia Schmergal im SPIEGEL vom 15.10.2016
auf Seite 78 und beschreibt, wie Mitarbeiter von Krankenkassen
unvermittelt in Arztpraxen auftauchen und beim Doktor aufgrund von
bestimmten Diagnosen oder verordneten Medikamenten nachfragen, ob der
betreffende Patient nicht doch „ein bisschen kränker“ gewesen
sein könnte, als der Mediziner in seinem Diagnoseschlüssel
angegeben hat?

Zehn Euro Prämie sind der Judas-Lohn.
Was soll das? „Ein bisschen kränker“, einhergehend mit
einer anderen Diagnosenummer, kann für die Krankenkasse bedeuten,
dass ihr für diesen Patienten mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds
zugeteilt wird. Schlimmste Konsequenz für den ahnungslosen
Erkrankten zu einem späteren Zeitpunkt wäre, dass ihn eine private
Krankenversicherung oder eine Lebensversicherung nicht mehr
versichern will.

Unschuldig als Betrüger abgestempelt

Weil er, so der Vorwurf, „eine schwere
gesundheitliche Einschränkung nicht angegeben hat“, wie sich bei
der routinemäßigen Abfrage des Versicherers bei der Krankenkasse
herausstellte. Dass der arme Kerl fatalerweise gar nicht
mitbekam, wie „schlimm“ es um seine Gesundheit bestellt war,
spielt eine Nebenrolle. Dass ihm der Ruch des vorsätzlichen Betrugs
wegen der Angabe falscher Daten anhaftet, ebenso.

Wiederholte Besuche eines
AOK-Mitarbeiters habe ich zu meinen Kassenarztzeiten selbst noch
erleben dürfen. Der Delegierte erschien mit einer Liste, der er
entnahm, dass ich Herrn Müller (Name natürlich geändert)
„Sormodren“ verordnet habe. Das sei aber doch ein Mittel
gegen Parkinson, ich aber hätte keinen Parkinson verschlüsselt!

Frust beim gewieften Ermittler machte sich auf meine Erklärung hin
breit, dass „Sormodren“ zwar theoretisch auch gegen
Parkinson verordnet werden könne, was aber praktisch nicht mehr
geschehe. „Sormodren“ werde quasi ausschließlich gegen
übermäßiges Schwitzen verschrieben. Pech für die AOK, denn die
Diagnose Parkinson bringt ordentlich Zusatzknete aus dem
Gesundheitsfonds, „Hyperhidrosis“, wie die
Turbo-Transpiration auf gut medizinisch heißt, leider nicht.

Negativzinsen und Glückszahlen

Zum besseren Verständnis: wohin
fließen Ihre Beitragszahlungen an die Krankenkasse? Wer glaubt, das
Geld bliebe dort liegen oder würde zumindest sicher aufbewahrt, irrt
gewaltig. Alle gesetzlichen Krankenversicherungen leiten ihre
gesamten Einnahmen erst einmal an den sogenannten Gesundheitsfonds
nach Berlin weiter. Der parkt die Beitragsmilliarden bei der
Europäischen Zentralbank in Frankfurt und opfert dort ein paar
Millionen für die derzeit fälligen Negativzinsen.

Spezialisten des
Gesundheitsfonds in Berlin rechnen um, wie schwer krank der
durchschnittliche Versicherte von derzeit 117 gesetzlichen Kassen
ungefähr ist und überweisen nach diesem Kunststück Geld zurück.
Als Richtwerte für schwere Erkrankungen der Versicherten dienen jene
Diagnosenummern, die Ärzte für Patienten an Kassen weitergeben. 60
Nummern sind „Glückszahlen“, weil sie außerordentlich hohe
Rücküberweisungen aus dem Gesundheitsfonds generieren. Prämien an
die Mediziner für braves „upcoding“ würden immerhin 0,3
Prozent des Beitragssatzes ausmachen, gibt die die TK laut SPIEGEL
an.

117 Kassen und kein Unterschied

Das kommt Ihnen absurd vor? Mir nicht.
Der einzige Arbeitsbereich – pardon: Scheinarbeitsbereich, der in
Deutschland wirklich prosperiert, ist der der überflüssigen,
aufgeblähten Verwaltung. Für Außendienstmitarbeiterbesuche in
Arztpraxen zwecks „upcoding“ haben Versicherer Geld übrig,
für das sinnfreie „upcoding“ sowieso, für mehr als „6
x Physiotherapie auf neurophysiologischer Basis bei Schultersteife
li.“ pro Quartal (!) leider nicht.

Abhilfe? Wozu braucht man in
Deutschland eigentlich 117 Kassen, die sich untereinander kaum
Konkurrenz machen – und falls doch, dann mit Überflüssigem? So
ungefähr nach dem Motto „Wir zahlen Homöopathie – die
anderen bloß ein Wellness-Wochenende!“ Einigkeit herrscht
darüber, dass man keinesfalls mehr als sechs Mal Krankengymnastik im
Vierteljahr genehmigt! 117 Krankenkassenvorstände und Aufsichtsräte
wollen für mäßige Motivation üppig entlohnt werden, ein
überdimensioniertes Filialnetz verschlingt enorme Summen.

Auch ein
GKV-Spitzenverband mit bester Immobilienlage in Berlin wird,
Verzeihung, „durchgefüttert“. Seine Hauptaufgabe besteht darin,
zu verhindern, dass sich die unterschiedlichen Parteien in
wesentlichen Dingen gegenseitig auf den Schlips treten, weil der
GKV-Spitzenverband einheitliche Verweigerungs-, äh, Entschuldigung:
Leistungs-Vorgaben für Versicherte erarbeitet.

Die sinnfreie
Institution „Gesundheitsfonds“, Minuszinsen an die EZB –
enorme Kostenfaktoren, welche die Einnahmen schmälern und allein der
Pseudo-Vielfalt der 117 Kassen geschuldet sind! Teure Werbe-Kampagnen
für Print-Medien, Funk und Fernsehen werden aus Beiträgen
finanziert, Individualität und Flexibilität geheuchelt, wo
höchstens Nuancen im Service erkennbar sind, und auch die
Beitragssätze liegen weit näher beieinander als beispielsweise bei
den privaten Krankenversicherern. Der Gesundheitsfonds macht’s
möglich.

Eine einzige Institution würde reichen

Beste Lösung: Abschaffen! Alle 117
gesetzlichen Krankenkassen zu einer einzigen zusammenlegen! In
Frankreich klappt es mit einer Einheits-GKV. Warum nicht bei uns?
Gesundheitsfonds, GKV-Spitzenverband, 117 Vorstände und
wer-weiß-wie-viele Aufsichtsräte – alles überflüssig! Werbung für
die Einheitskasse? Könnte entfallen, die frei werdenden Gelder in
Oma Müllers Krankengymnastik investiert werden! Und obendrein würden
die Medien ihre Beißhemmung gegenüber mancher Kasse verlieren: Die
Angst, bei zu kritischer Berichterstattung auf Werbeeinnahmen von der
Arbeits- und Obdachlosen-Kasse (AOK) verzichten zu müssen,
hätte sich schlechthin erübrigt.

Vielleicht könnte sich der eine oder
andere Krankenkassenmitarbeiter, der im Zuge der Zusammenlegung
seinen Arbeitsplatz verliert, dafür erwärmen, wirklich für Kranke
und Alte da zu sein und auf einen Mangelberuf umzuschulen: Kranken-
oder Altenpflege. Statt professioneller Leistungsverhinderung
wirklich mal „Leistung am Menschen“! Na, wie wärs?

Allerdings ginge dann für eine stattliche Anzahl abgehalfterter Politiker ein lukrativer Ersatzjob
verloren. So macht es sich beispielsweise der ehemalige saarländische
Gesundheitsminister Andreas Storm heute im Vorstand der DAK bequem;
natürlich nicht für Gottes Lohn. Demnach würde die Regierung im
Fall der Fälle wohl doch in seltener Eintracht gegen eine
Einheits-GKV stimmen, denke ich. Man kann in diesen stürmischen
Zeiten ja nicht mehr alle überflüssigen Volksvertreter nach Brüssel
schicken, oder?



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