Nein, die etablierten Politiker,
Journalisten und Politikwissenschaftler haben immer noch nicht
verstanden, was Donald Trump zum Präsidenten der USA gemacht hat. Im
STERN vom 11.11. erklärt der renommierte Politikwissenschaftler
Professor Karl-Rudolf Korte auf die Frage, welche Lehren die
etablierten Parteien in Deutschland im Lichte der US-Wahlen zum
künftigen Umgang mit Populisten ziehen sollten: „Zuversicht
verbreiten, nicht Angst. Und konkrete Zukunftspläne für soziale
Infrastrukturen entwickeln, die allen etwas bringen.“
Mir dünkt, Herr Professor haben etwas Wesentliches
nicht kapiert. Hat etwa Angst die Wähler Trump zugetrieben? Nein! Es
war die pure WUT auf „die da oben“, die sich sozial geben, sich
aber de facto Hand in Hand mit den Konzernen Posten und damit
Millionensummen gegenseitig zuschieben und meinen, „die da unten“
mit nichts als Stillhalteparolen abspeisen zu können.
Die Weglass-Presse als Hiobs-Botschafter
Und die
Medien, die in den USA genauso viel an Glaubwürdigkeit verloren haben
wie hierzulande? Die werden eben als Übermittler der
Hiobs-Botschaften, als „Hofnarren“, längst aber nicht mehr als
Volkstribunen und Fürsprecher der kleinen Leute wahrgenommen.
Missstände schweigt man tot, statt sie zu thematisieren.
Bei uns ist es keinen Deut anders. Als
neulich CETA – leider! – verabschiedet wurde, habe ich in
Publikationen verschiedenster Quellen allenthalben den Hinweis
vermisst, dass mit CETA auch die ordentliche Gerichtsbarkeit bei
Streitigkeiten zwischen der EU, Kanada und Konzernen abgeschafft
wird.
Deren Aufgabe übernehmen statt dessen „Schiedsgerichte“,
also obskure Hinterzimmertribunale ohne Berufungsmöglichkeit, in die
auch die Konzerne „Richter“ schicken, die Staaten zu
Milliardenstrafen aus Steuergeldern im Sinne der Konzerne verurteilen
können.
Eingestampfte Argumente
Spielte dieses Thema eine Rolle vor bei
der Berichterstattung der Weglasspresse, als sich die Wallonen dem
Handelsabkommen entgegenstemmten? Informationen, dass zwischen den
USA und Kanada das Freihandelsabkommen NAFTA besteht und US-Firmen
nur Niederlassungen in Kanada eröffnen müssen, damit – zugegeben
verkürzt – gilt: NAFTA + CETA = TTIP?
Nichts dergleichen –
Argumente wurden eingestampft auf Parolen wie „Wird die EU noch
fähig sein, ein Handelsabkommen zu ratifizieren, oder ist sie
handlungsunfähig?“ Da wurden Emotionen bedient, statt über
Fakten berichtet: Die mediale Berichterstattung war schlicht
postfaktisch. Wer durchblickt, wird in so einer Situation nicht
ängstlich, sondern WÜTEND!!!
Parallelen zur Medizin
Was hat das alles mit Medizin zu tun?
Gibt es schlimmstenfalls Parallelen? Am 2. November titelte die
„ÄrzteZeitung“ zur Reform der Gebührenordnung, die seit
21 Jahren in der Vergütung nicht mehr angepasst ist (bei
Privatpatienten kostet das EKG heute noch genau den selben Betrag wie
1996!): „Arztstunde soll 100 Euro wert sein“.
Kein
Geringerer als der Verhandlungsführers der Ärzte und Vorsitzenden
des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, der die Verhandlungen für
die Ärzte im Auftrag der Bundesärztekammer führt, tat dies kund. Hundert Euro!!! Hat er das ernst gemeint? Als ich vor etlichen Jahren
einen Medizinrechts-Anwalt zu Fragen der Gründung einer
Berufsausübungsgemeinschaft beschäftigt hatte, verlangte der 150
Euro – für die Anfahrt – und 250 Euro für die eigentliche Tätigkeit
vor Ort.
Der Anwalt ist nach acht Semestern gebacken
Zur gefälligen Erinnerung:
Mindestdauer Jurastudium acht Semester, dann ist der Anwalt gebacken,
die Kanzlei kann eröffnet werden. Mindestdauer Medizinstudium: 12
Semester (nebenbei: kein anderes Fach hat einen solchen Lernaufwand –
die spätere 60-Stunden-Berufswoche lernen die Mediziner schon im
Studium kennen, in den „Semesterferien“ stehen Praktika auf
dem Plan).
Im Anschluss dann fünf bis sechs Jahre Facharztausbildung
(auch für Allgemeinärzte!), es folgt die Facharztprüfung, dann
erst geht’s – meist verbunden mit beachtlichen finanziellen
Investitionen – in die eigene Praxis.
Handwerksmeister? Zehn Jahre Schule,
dann drei Lehrjahre bis zur Gesellenprüfung, drei Jahre
Meisterschule. Kosten Meisterstunde incl. Mehrwertsteuer 83,30 Euro
(bitte Preisliste DICKItal Elektrotechnik googeln). Nach – im
optimalen Fall – 16 Jahren Schule und Ausbildung.
Unsereiner war
extrem schnell und hat nach 27 Jahren Schule und Ausbildung seine
Facharztpraxis eröffnet – und das soll gerade 16,7 Prozent mehr wert
sein als eine Meisterstunde?
Vorschläge, die Wut erzeugen
Außerdem wage ich zu behaupten, dass
mein Wissen wesentlich komplexer und meine Verantwortung ungleich
höher ist als zum Beispiel die eines Elektromeisters. Klar, auch der
kann fatale Fehler begehen – aber wie viele Menschen hat er schon
konkret davon abgehalten, von der Autobahnbrücke zu springen oder
sich sonstwie das Leben zu nehmen?
Unsereiner? Dutzende! Von anderen
schwerwiegend und lebensbedrohlich Erkrankten in der Neurologie und
Psychiatrie, denen ich an Leib und Leben helfen konnte und helfen
kann, ganz zu schweigen. Was also bringt mir eine Arztstunde mit hundert Euro Umsatz – nicht brutto, und schon gar nicht netto? Nichts. Aber
solche Vorschläge machen etwas mit mir: sie schüren WUT!!! Ich
fühle mich in meiner Ausbildung und meiner Verantwortung im
Vergleich zu anderen Berufen schlicht missachtet!
Rationalisierungsgewinne? Sinkende Kosten?
Weiter im Text: „Auf der anderen
Seite – in der Technik – stehen Rationalisierungsgewinne und sinkende
Kosten“, schreibt die Ärzte Zeitung. Unser Ärztevertreter
Reinhardt schreckt vor einem Beispiel nicht zurück. Vor neun Jahren
habe sein neues Ultraschallgerät 50 000 Euro gekostet, vor vier
Jahren ein Neues nur noch die Hälfte.
Auch solche Kostenvorteile –
meint er – müssten in der neuen GOÄ berücksichtigt werden. Soll das
heißen, dass Ultraschallleistungen nach über zwanzig Jahren der
Nicht-Anpassung billiger werden? Das wäre ja eventuell ganz o.k.,
wenn die Versicherer ebenso denken würden, sofern es um die
Prämiengestaltung geht.
Keine sinkenden Versicherungs-Prämien
In den Krankenkassen wimmelt es nur so
vor Technik: Jeder Sachbearbeiter sitzt vor einem PC-Terminal. 1996 –
im Jahr des Inkrafttretens der aktuell immer noch gültigen GOÄ –
waren die Rechner um ein Vielfaches teurer und dabei wesentlich
leistungsschwächer als die Geräte heutzutage.
Haben Sie bemerkt,
dass ob dieses Sachverhalts Versicherungsprämien gesunken sind? Ich
nicht. Im Gegenteil: Gerade in der Privaten Krankenversicherung
stiegen die Zuschläge in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich
fünf Prozent – per annum!
(https://www.1averbraucherportal.de/versicherung/krankenversicherung/beitragserhoehung#).
Was schlussfolgert Dr. Reinhardt laut
Ärztezeitung nach mehr als zwanzig Jahren Stillstand?: „Der
Kostenrahmen für die Einführung der neuen GOÄ wird bei maximal 6,4
Prozent liegen“. Wobei, das sei an dieser Stelle spaßeshalber
aufgeführt, allein die aufsummierte Teuerungsrate von 1996 bis 2015 33,8
Prozent beträgt.
Bedroht, überfordert oder erpresst?
Warum nur bringt der Vertreter der
Ärzteschaft solch enormes Verständnis für die Positionen der
Privaten Krankenversicherungen auf? Ist er von der Komplexität der
Materie überfordert? Wird er bedroht, gar erpresst? Ist er
vielleicht zu gutmütig, um irgend jemandem auf die Füße zu treten?
Ich fürchte, die Antwort fällt simpler aus und formuliere es auf
gut bayerisch: Ja mei! Er sitzt halt wohldotiert im
Beirat der Deutschen Ärzteversicherung und der Vorsitzende der
Bundesärztekammer, Montgomery, befindet sich ebenfalls nicht nur im
Beirat, sondern auch noch im Aufsichtsrat selbiger Versicherung. „Do
hoasst´s zammhalten und nie nix zuagehm“, hätte Ludwig Thomas
Landtagsabgeordneter Josef Filser gesagt.
Money, Money, Money
Passenderweise ist die
Deutsche Ärzteversicherung eine hundertprozentige Tochter des
AXA-Konzerns, der auch ein großer privater Krankenversicherer ist.
Es geht nur ums „Diridari“, sprich: Geld. Dämmert’s jetzt? Und
was verursacht das bei dem, der durchblickt? Etwa Angst? Nein: WUT!!!
Weiter im Sermon der Ärztezeitung, und
zwar zur Rolle der Politik, denn die gewählten Volksvertreter müssen
die neue GOÄ ja letztlich beschließen. „Als Problem erweist
sich, dass der Staat nicht nur Verordnungsgeber ist, sondern über
die Beihilfe zugleich einer der Kostenträger. Die Haushaltssituation
in den Ländern bremst hier die Möglichkeit der Honorarentwicklung.“
Zur Info für alle, die mit dem Begriff „Beihilfe“ nichts
anfangen können: Das ist die private Zusatzversicherung für die
Beamten. Allein die aufsummierte Teuerungsrate 1996 bis 2015 beträgt
33,8 Prozent – und die Erhöhung der Bezüge der
Bundestagsabgeordneten liegt im selben Zeitraum bei 49,0 Prozent. Die
erneute Anhebung um 830 Euro seit 1. Juli ist noch nicht mit
eingerechnet. Arzthonorare erhöhen funktioniert aber keinesfalls –
das würde ja die öffentlichen Kassen belasten.
So tot, wie man nur sein kann
Passenderweise in diesem Sinne äußerte
sich jüngst der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium,
Laumann: Auf die Frage einer Journalistin zur sprechenden Medizin und
dazu, woher das Geld für deren Vergütung innerhalb der
Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) künftig kommen soll, antwortete er: „Die GOÄ ist nicht mein Thema“. Und: „Sie wissen,
dass die (GOÄ) zurzeit so tot ist, wie sie nur tot sein kann“.
Zudem sei dies nicht das Problem der
Gesetzlichen Krankenversicherung. Insgesamt glaube er, Laumann, dass
sich die ‚Ärzte in unserem Land alles in allem über ihre
Honorierung nicht beklagen können“.
(http://www.facharzt.de/content/red.otx/187,173179,0.html). Aha,
offenkundig ist zudem für die gesetzlich Krankenversicherten
zuständigen Staatsminister im Gesundheitsministerium noch nicht
vorgedrungen, dass für etliche basisversorgende Fachärzte die
Kassenmedizin ein Draufzahl-Geschäft ist. Das hat das kürzlich
veröffentlichte Neubauer Gutachten ergeben (sh. Blogbeitrag: „Die KVB ist existent, aber sinnlos!“).
Inkompetent dümmliches Gefasel
Diese armen
Kassenleistungserbringerarztsklaven sind auf die Einnahmen der
Privatversicherten angewiesen, um mit ihnen das defizitäre
Kassengeschäft querzusubventionieren. Bittere Realität in
Deutschland! Und was erzeugt das inkompetent-dümmliche Gefasel des
Spitzen-Gesundheitspolitikers Laumann? Bei mir jedenfalls nicht
Angst, sondern WUT!!!
Denn „die Politik“ hatte sich
natürlich über die Jahre hinweg nicht gescheut, die
Gebührenordnungen anderer Selbständiger nach oben hin ordentlich
anzugleichen, zum Beispiel die der Architekten, Notare, Steuerberater
und Rechtsanwälte.
Da heißt es doch tatsächlich im Art.
3 Grundgesetz: (1) „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“.
Ob das nicht beinhaltet, dass auch alle Menschen vom Gesetzgeber
gleich fair behandelt werden müssen, unabhängig von der
öffentlichen Haushaltslage?
Sie sägen am Ast, auf dem sie sitzen
Meine Damen und Herren von der Politik,
vom Funktionärsestablishment und von den Weglassmedien: Glauben Sie
mir, Sie können sich ruhig weiter gegenseitig anlügen über die
wahre Befindlichkeit der Bevölkerung und untauglichen demoskopischen
Ergebnissen vertrauen. Die Manipulation von „denen da unten“
zu Ihrem eigenen Wohl und dem der Konzerne in gegenseitiger Symbiose
funktioniert nicht mehr.
Die Resultate sehen Sie am Ausgang der
Brexit-Abstimmung, der US-Präsidentenwahl und vermutlich demnächst
an der Präsidentenwahl in Österreich. Der Lobbyismus, einhergehend
mit der Eigennutzoptimierungsdenke, die Sie auf Kosten „derer da
unten“ betreiben, führt dazu, dass Sie sich den Ast absägen,
auf dem Sie sitzen, weil Ihnen das eigene Wählervolk abhanden
kommt.
Es gibt nur drei Möglichkeiten
Die SPD hat es schon leidvoll erfahren
– aber immer noch nicht kapiert. Eine Wahlkampflüge wie „Es
ging uns noch nie so gut wie heute“ nimmt das Volk zu Zeiten, in
der die Mittelschicht wieder nach unten driftet und der Armutsbericht
eine ganz andere Sprache spricht, selbst einer Bundeskanzlerin nicht
ab. Es gibt nur drei Möglichkeiten:
1. Sie, die „Volksvertreter“,
wählen sich ein anderes Volk.
2. Das Volk wählt sich andere
Vertreter.
3. Sie fangen an, wieder das Volk zu
vertreten anstatt zuerst Ihre Interessen und die der Konzerne gegen
das Volk. Auch wenn diese Denke für Politiker vom Schlage eines José
Manuel Barroso, Gerhard Schröder, Daniel Bahr, Ronald Pofalla,
Eckart von Klaeden etc. etc. unvorstellbar ist.