Blog Image

Das kranke Gesundheitssystem

Anregung und Kritik erwünscht

Als steter Streiter gegen ein in meinen Augen ungerechtes Gesundheitssystem, dessen Gewinner die Krankenkassen und dessen bedauerliche Opfer die Patienten sind, freue ich mich über jede Form von Zustimmung, Ratschlag, Anregung oder Kritik. Ich wünsche mir nur, dass bei aller nachvollziehbarer Emotion der gute Ton in schriftlichen Beiträgen die erste Geige spielt.

Dr. Christian Nunhofer

Sicher ist nur die Unsicherheit

Das Allerletzte Posted on 02 Juni, 2015 08:41:13

Die Frage aller Fragen lautet: Wie
sicher sind Patientendaten im Netz?

Und die Antwort ist überraschend
einfach: gar nicht! Wer wagte daran zu zweifeln, nachdem jüngst
Rechner von Abgeordneten im Bundestag gehackt und sensible Daten
entwendet wurden. Unsereiner führt derzeit mit dem
Bundesgesundheitsministerium zum Thema „Sicherheit von
Patientendaten“ eine Korrespondenz. Im hohen Haus ist man
offenkundig der Meinung, alles sei nur eine Frage guter
Verschlüsselungstechnik.

Interessantes Detail am Rande: Meine
Briefe ans Ministerium gehen nachrichtlich unter anderem an den
„Chaos Computer Club“ (CCC) in Hamburg. Das ist
Deutschlands renommierteste Hackervereinigung. Hackervereinigung? Ja
doch, so was gibt’s wirklich. Die Typen dort sind allerdings nicht
kriminell, sondern haben es sich zur Aufgabe gemacht,
Sicherheitslücken im Internet aufzudecken. Und niemand, aber auch
gar niemand in der IT-Branche zweifelt an der Kompetenz des CCC zum
Thema „Datensicherheit im Netz“. Bestimmt auch nicht die
Regierung. Also kurz und gut: Meine Mail nachrichtlich an den CCC
kommt postwendend per „mailer daemon“ als „nicht angenommen“ zurück. Nachfrage bei CCC, Antwort: Die CCC-Rechner nehmen
grundsätzlich keine Mails mit Anhang an, die CCC-Faxnummer lautet
… Tja, soviel zum Thema Datensicherheit im Netz. Sogar der CCC
vertraut aufs gute alte Fax.

Keine Chance gegen Hacker

Was bedeutet das wohl für die
Sicherheit von Patientendaten auf Praxiscomputern, die praktisch
ausnahmslos einen Online-Anschluss haben? Wie sicher sind die
Quartalsabrechnungen der Kassenpatienten, bei denen übers Internet
die Abrechnungsnummern und die Diagnosen (!) der Versicherten von den
Praxen zu den Kassenärztlichen Vereinigungen übertragen werden?
Richtig: Sicher eventuell gegenüber einem unbefugten Zugriff von
Ihnen und mir, aber nie und nimmer geschützt vor dem Angriff eines
talentierten Hackers. Und glauben Sie mir: Nichts ist für Dritte so
interessant wie Ihre Krankheiten.

Denken Sie nur an die Ressentiments
der Versicherer, wenn Sie zum Beispiel eine Lebensversicherung
abschließen wollen, aber unter Bluthochdruck leiden. Oder wenn Sie
als trockener Alkoholiker eine KFZ-Haftpflicht benötigen? Wenn Sie
einen Kredit aufnehmen wollen, die Bank aber bei Ihnen als Diabetiker
ein erhöhtes krankheitsbedingtes Ausfallrisiko erkennt? Sie sagen,
dass es verboten ist, dass sich Banken und Versicherungen Ihre
Gesundheitsdaten besorgen? Tja, was verboten ist, hat Banken und
Versicherer ja schon immer besonders gekümmert, nicht wahr? Die
Deutsche Bank macht’s derzeit vor – außerdem überblicken Sie ja gar
nicht, was ihr Geldinstitut noch alles über Sie weiß. Und diese
illegalen Kenntnisse werden Ihnen mit Sicherheit nicht auf die Nase
gebunden. Wahrscheinlich sind Banken und Versicherer eh zu arm, um
sich Profi-Hacker leisten zu können …

Gesetz wäre nötig

Die Politik ist gefordert: Es braucht
ein Gesetz, das die Online-Anbindung von Rechnern mit Patientendaten
verbietet, gleich, ob diese Rechner in einer Praxis, bei einer
Krankenkasse oder sonst wo stehen. PCs mit Patientendaten nur als
Intranet, keinerlei Verbindung nach außen, Kassenabrechnung per
Stick und Postversand als Einschreiben. Updates von den Systemhäusern
ebenfalls per Stick zum Einlesen. Für den Internetzugang in den
Praxen sollten eigene Rechner ohne Patientendaten eingerichtet
werden. Nur so ist der missbräuchliche Zugriff auf die
Patientendaten zu verhindern, nur so und nicht anders kann der
Patient sicher sein, dass er dem Arzt alles anvertrauen kann, ohne
damit rechnen zu müssen, dass seine Angaben die Räume der Praxis
verlassen.




Harmonie, die nichts bringt

Das Allerletzte Posted on 25 Mai, 2015 08:13:32

Ein „Ärztetag der Harmonie“ in
Frankfurt/Main im Wonnemonat Mai 2015. Und was wurde Weltbewegendes
beschlossen? Natürlich: Nichts! Motto: Wir haben uns alle lieb – weitermachen
wie bisher. Soviel inhaltsarme Harmonie war auch der Süddeutschen Zeitung eine kritische
Würdigung wert
(http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/aerztetag-medizinisches-wunder-1.2476668).

Haben sich etwa berufspolitische
Verbände positioniert, um den Präsidenten der Bundesärztekammer, Montgomery,
mit unbequemen Fragen unter Druck zu setzen? Nein nein. Der Mann erhielt 161
von 230 Stimmen und wurde glatt wiedergewählt. Dass Montgomery bei der Novelle
der Gebührenordnung (GOÄ) einerseits die Interessen der Ärzteschaft gegen die
privaten Krankenversicherer (PKV) vertreten muss, andererseits als Aufsichtsrat
der hundertprozentigen AXA-Tochter „Deutsche Ärzteversicherung“ von einem
PKV-Unternehmen Geld erhält, stört offenkundig niemanden. Gab es wenigstens
kritische Nachfragen oder gar die Aufforderung zur Abwahl aus den Reihen der
Delegierten der ärztlichen Berufsverbände (BFAV/BVNF) und der Freien
Ärzteschaft (FÄ), die von dieser Interessenverquickung wissen? Nicht die Bohne!
Ganz nach dem Motto: Wahrst du meinen Besitzstand, dann wahre ich den deinen.

Eine Handvoll Protestanten

Aber was war mit dem angekündigten
lauten Protest vor dem Ärztetagsplenum – organisiert vom BFAV/BVNF – zu dem in
Massen Mediziner nach Frankfurt strömen sollten? Ja, klar,… So an die 150
Teilnehmer werden es schon gewesen sein… Das hat die Politik und die
berufspolitischen Apparatschiks in der Ärzteschaft sicher schwerstens
beeindruckt. Schade um die Zeit der Teilnehmer.

Und die Moral von der Geschicht‘:
Den Ärzten, die immer noch glauben, die Situation der ambulanten medizinischen
Versorgung wird sich dank der ärztlichen Berufspolitik verbessern lassen, ist
schlicht nicht mehr zu helfen. Wer die Augen vor der Realität verschließt, der
braucht sich über spezifische Konsequenzen nicht zu beklagen. Patienten sollten
nicht darauf hoffen, dass die ärztliche Berufspolitik eine Verbesserung in punkto
Versorgungssituation erreichen wird. Wer als Patient will, dass sich eine
wohnortferne medizinische Versorgung in speziellen Versorgungszentren zum
Nutzen der Gesundheitskonzerne
durchsetzt und hinnimmt, dass seine eigenen Interessen als Patient auf der
Strecke bleiben, muss ebenfalls nichts tun. Wer allerdings – egal ob als Arzt
oder als Patient – wirklich ein Ende des politisch gewollten „Weiter so im
Interesse der Konzernmedizin“ anstrebt, der sollte sich wehren. Ein erster
Schritt dazu ist der Beitritt zu Renate
Hartwigs Verbraucherschutzorganisation „Bürgerschulterschluss“
(http://www.patient-informiert-sich.de/)



„Ärztebashing“ erst der Anfang

Von Kranken und Kassen Posted on 21 Apr., 2015 09:23:11

Notizen aus der Provinz: „Gehen uns die Ärzte aus?“ lautete neulich die Frage irgendwo auf dem flachen fränkischen Land beim Diskussionsabend zu eben diesem Thema. Gleich zu Beginn wollte jemand
aus dem Publikum vom Herrn aus dem Bayerischen Gesundheitsministerium wissen, wie sich denn die Zahl der Medizin-Studienplätze entwickelt habe? „Das habe ich nicht parat, aber …“ sprach der Beamte und leitete einen etwa
zehnminütigen, diffusen Monolog ein, in dem er viel sprach aber nichts sagte. Nach dem verwirrenden Sermon konnte unsereiner die gewünschte Antwort liefern: 1989 – im letzten Jahr vor der Wiedervereinigung – gab es in der
BRD West 85.901 Medizinstudenten.

Signifikanter Rückgang

Es folgte die Wiedervereinigung, mit ihr kamen acht ostdeutsche medizinische Fakultäten dazu und die Zahl der Einwohner stieg von etwa 60 Millionen in Deutschland West auf ungefähr 80 Millionen
in Gesamtdeutschland. Die Zahl der Medizinstudenten hingegen sank (!) in Gesamtdeutschland bis zum Wintersemester 2007/08 auf 78.545. Zum Wintersemester 2013/14 war sie allmählich auf 86.376 angestiegen und befand sich damit
in etwa auf dem westdeutschen Niveau vor dem Mauerfall. Interessant am Rande war die überraschende Erkenntnis, dass der bei der Diskussion anwesende Herr Bundestagsabgeordnete diese Zahlen sehr wohl „parat“ hatte! In
einem späterer Redebeitrag verplapperte er sich ein wenig. Von sich aus hatte sich der Volksvertreter nicht bemüßigt gefühlt, exakte Angaben zu liefern. Warum wohl?

Keiner weiß, warum

Auf die Frage, weswegen denn die Zahl der Medizinstudenten so stark reduziert worden sei, wusste niemand eine Antwort. Meine Erläuterung: Ein einziger angehender Mediziner kostet
den Staat bis zum Ende seines Studiums 180.000 bis 200.000 Euro. Ein Jurist hingegen nur 20.000 bis 25.000 Euro. Die Priorität, die der „schwarzen Null“ in den Haushalten eingeräumt wird, kann Menschenleben kosten,
was billigend in Kauf genommen wird.

Interessant die Beiträge der Kommunalpolitiker, die berichteten, wie „schwer bis unmöglich“ es jetzt schon sei, auf dem flachen Land neue Hausärzte in die Niederlassung
zu locken. Als Lösung war von „positivem Denken“ (ja, wirklich!) die Rede, von ärztlicher Seite wurden Kontaktanknüpfungen für Arztinteressenten an den örtlichen Motorradclub, den Anglerverein etc. etc. empfohlen.
Den Geschenkkorb mit regionalen Spezialitäten nicht zu vergessen. Tatä und Helau! Geht’s noch armseliger?

Frauen in der Überzahl

Also, jetzt mal Klartext – und der hat auf besagter Veranstaltung weitgehend gefehlt: Warum gehen uns die Ärzte aus, wie die oben angeführten Zahlen der Medizinstudenten beweisen?
Signifikant ist die Abbruchquote während eines Medizinstudiums: Zu meiner Zeit (Herbst 1978 bis Frühjahr 1985) fast Null, inzwischen ca. 20 Prozent. Diesen Faktor eingerechnet, werden etwa 70.000 von den jetzigen Medizinstudenten
ihr Abschlussexamen ablegen.

Stichwort Frauenanteil im Medizinstudium: Mädchen machen im Schnitt das bessere Abitur, und das wirkt sich natürlich in einem Numerus-Clausus-Fach wie Medizin auf das Geschlechterverhältnis
der Studenten aus. Zwei Drittel aller Medizinstudenten sind inzwischen weiblich. Nun werden Ärztinnen zurecht viel mehr Wert darauf legen, Familie und Beruf unter einen Hut zu kriegen als Ärzte. Sie haben Gott sei Dank oft
das Verlangen, eine Familie zu gründen – und möchten zugleich den Beruf halbtags ausüben. Dazu gibt es Berechnungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, denen zufolge drei (!!) Teilzeit-Ärztinnen erforderlich sein werden, um die
60-Wochenstunden-Job eines einzigen „hauptamtlichen“ Hausarztes zu übernehmen. Die Zahl der Wochenarbeitsstunden pro Arzt in der Niederlassung wird also deutlich sinken und damit auch das Versorgungsangebot. Gehen
wir überschlagsmäßig davon aus, dass etwa die Hälfte der jetzigen weiblichen Medizinstudenten nur halbtags arbeiten wird. Zwei Drittel Medizinstudentinnen, davon die Hälfte ist ein Drittel. Die arbeiten nur halbtags,
also muß man die Zahl von 70.000 Medizin-Absolventen um 1/3 mal 1/2 (halbtags) = 1/6 vermindern. Es verbleiben – umgerechnet auf ganztags – etwa 58.000 Mediziner.

Demotivierende Aussichten

Der Beruf des Arztes ist inzwischen demotivierend wie kaum ein anderer. In den Kliniken lernen die Nachwuchskräfte anhand des Fallpauschalensystems, dass die Gesundheit der
Klinikbilanz weit über der Gesundheit des Patienten steht. Die Folge: Etliche junge Ärzte wandern in die Forschung, den Medizinjournalismus, die Pharmaindustrie etc. ab, statt sich in die Patientenversorgung einzubringen.
Laut Bundesärztekammer liegt die Zahl der Ärzte, die nicht der Versorgung der Bevölkerung in Klinik und Praxis zur Verfügung steht, bei etwa neun Prozent. 58.000 Ärzte minus neun Prozent macht rund 53.000 Ärzte für
die Patientenversorgung. Bei durchschnittlich 13 Semestern Studiendauer „liefern“ die deutschen medizinischen Universitäten demnach ungefähr 8.200 Studenten pro Jahr, die – umgerechnet auf ganztags – zur Ausübung des
Arztberufs zur Verfügung stehen.

Zurzeit versorgen in Deutschland laut Bundesärztekammer ca. 358.000 Ärzte die Patienten. Unter der (für die Versorgung sehr günstigen) Annahme, dass ein Arzt seinen Beruf
in Klinik und Praxis durchschnittlich vierzig Jahre lang ausüben kann, ergibt sich ein jährlicher Nachwuchsbedarf von 8.950 Ärzten. Das sind deutlich mehr als die oben errechneten 8.200, die von den Universitäten abgehen.
Schon hier klafft also eine Lücke.

Ärzteschar ist überaltert

Die niedergelassene Ärzteschaft ist überaltert, etwa ein Drittel aller Praxisärzte kommt in den nächsten zehn Jahren ins Rentenalter. Zugleich steigt wegen des demographischen
Wandels mit dem Anstieg des Durchschnittsalters der Behandlungsbedarf in der Bevölkerung, denn leider gilt: älter = kränker. Die oben errechnete „Unterdeckung“ von ungefähren 700 Ärzten pro Jahr ist viel zu
niedrig gegriffen, wenn man die Altersstruktur der Ärzte und die Altersentwicklung der Bevölkerung betrachtet.

In der Niederlassung erfahren die Ärzte andauernd, dass sie nicht so arbeiten können, wie sie eigentlich möchten. Denn erstens sind sie in ihren Leistungsmöglichkeiten für
Kassenpatienten durch ein Honorarbudget beschränkt, zweitens müssen sie damit rechnen, einen Teil ihrer Medikamentenverordnungen selber zu bezahlen, wobei es oft um Summen im unteren fünfstelligen Euro-Bereich geht. Von
solchen Verordnungsregressen ist tatsächlich jeder dritte niedergelassene Mediziner betroffen. Viele sind frustriert, weil sie dauernd in dem Gefühl leben müssen, den Patienten eigentlich besser helfen zu können, dies aber nicht
zu dürfen.

Die Folgen der von der Politik erzwungenen Mangelmedizin bekommen die Patienten im vollen Umfang zu spüren. Sie richten sich in ihrem Zorn aber meist nicht an Politiker oder
Krankenkassen, die Regresse verursachen, sondern gehen auf die Ärzte los. „Ärztebashing“ ist eine neudeutsche Spezialität und treibt die Kollegen entweder in die Resignation mit der Folge einer fehlenden Motivation
in der Berufsausübung oder ins Ausland. „In der Schweiz werde ich wieder wertgeschätzt“, hat mir neulich ein Kollege geschrieben…

Nicht können oder nicht wollen?

Ob die Politik die eigentlichen Probleme, die zum Ärztemangel führen, nicht erkennen kann oder nicht erkennen will, sei dahingestellt. Bis jetzt betreibt Bundesgesundheitsminister
Gröhe wie seine Vorgänger nur Maßnahmen, die die Attraktivität des Arztberufes weiter vermindern: Zum neuen „Versorgungsstrukturgesetz“ habe ich mich bereits geäußert (sh. Aufsatz „Tolles Versorgungsstrukturnetz“),
ebenso wie zur geplanten Anpassung der Gebührenordnung für Privatpatienten nach 19 Jahren mit unveränderten Preisen um lächerliche sechs Prozent (sh. „Rücktritt Montgomerys geboten“). Übrigens, so nebenbei
und unter uns: die Bezüge der Bundestagsabgeordneten haben im gleichen Zeitraum um 49 Prozent zugelegt.

Nichts hilft wirklich

Resümee: Die ärztliche Versorgung hat bereits erheblichen Schaden gelitten, das kann jeder Bürgermeister in kleinen Landgemeinden bestätigen. Davon ist übrigens nicht nur
die hausärztliche Versorgung betroffen, sondern auch die fachärztliche. Machen Sie den Test: Rufen sie in einer Praxis für Neurologie und Psychiatrie an und bitten um einen Termin: Na, in wie vielen Monaten können Sie
kommen? Wenn die Politik nicht schnellstens gegensteuert und den Arztberuf wieder attraktiv macht, dann wird Carsten Vilmars Prophezeiung vom „sozialverträglichen Frühableben“ bald zum Faktum für die Menschen
hier im Land.

Und die Ärzte selbst? Was unternehmen die gegen das eigene Mangelproblem? Ein weitgehend schweigender Arztfunktionär von der Kassenärztlichen Vereinigung und ein naiv-bemühter
Kollege, der das Konzept mit der Kontaktanbahnung zum Anglerverein und dem Präsentkorb für interessierte Kollegen vorgestellt hat, machen es überdeutlich: Nichts, was wirklich helfen würde.



Datensicherheit im Netz???

Das Allerletzte Posted on 16 Apr., 2015 07:07:45

Existiert Datensicherheit im Netz für medizinische Daten? Die Frage darf man sich wieder einmal stellen, nachdem jüngst Hacker des IS für ein paar Stunden einen kompletten französischen
Fernsehsender übernehmen konnten. Meine Meinung dazu habe ich in einem Brief an den Bundesgesundheitsminister Gröhe Kund getan:

Dr. Chr. Nunhofer, 90480 Nürnberg

Herrn Minister
Hermann Gröhe MdB
Bundesministerium für Gesundheit
Friedrichstraße 108

10117 Berlin

per Brief, vorab per Fax: 030 18441-4900

nachr.:

– Bundesbeauftragte für den Datenschutz, z. Hd. Frau Andrea Voßhoff

– Aktion „Bürgerschulterschluss“, z. Hd. Frau Renate Hartwig

– Aktion „Stoppt die e-card“, z. Hd. Frau Dr. Silke Lüder

– ZDF, Redaktion „Frontal 21“

– CCC Hamburg

– Blog „Das kranke Gesundheitssystem“

Datensicherheit in der Medizin

Sehr geehrter Herr Minister,

erst am 6. Februar wurde bekannt, dass beim US-Krankenversicherer Anthem eine große Anzahl von Versichertendaten durch Online-Zugriff gestohlen wurde. Die
gestrigen Vorkommnisse beim französischen Sender „TV5Monde“ beweisen einmal mehr, dass jedwedes Versprechen einer Datensicherheit im Netz Makulatur ist.

Nun wäre es realitätsfern, sich im Zeitalter der Globalisierung ein „zurück zum Papier“, eine Welt ohne Internet zu wünschen. Allerdings besteht
keine Notwendigkeit, alle Vorgänge über eine Internetverbindung abzuwickeln, die via Internet abzuwickeln wären. Insbesondere gibt es keinen Grund, hochsensible Daten, wie sie ohne jeden Zweifel die Daten von Krankenversicherten
darstellen, dem Risiko eines Datendiebstahls via Internet auszusetzen. Alternativ bieten sich netzlose Datenübertragungswege wie zum Beispiel per Stick an. Durch Zusendung eines Sticks hat bis vor kurzem auch die EDV-Quartalsabrechnung
in den Kassenärztlichen Vereinigungen funktioniert. Jeder IT-Fachmann wird Ihnen hingegen bestätigen, dass selbst komplexe Verschlüsselungen keinen definitiven Schutz vor missbräuchlichem onlineZugriff darstellen.

Meine Bitten an Sie ist deshalb, den Schutz intimster Daten der Kranken über die Interessen der IT-Industrie zu stellen und die Übermittlung von Patientendaten
via Internet per Gesetzgebung zu untersagen. Mögliche, ohnehin zweifelhafte Vorteile für die Patienten relativieren sich durch das Risiko eines Datendiebstahls zur Marginalie. Damit erübrigt sich außerdem die weitere Verwendung
der Elektronischen Gesundheitskarte.

Bitte bedenken Sie außerdem, dass sich mehrfach Vollversammlungen auf Deutschen Ärztetagen mehrheitlich gegen die Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte
ausgesprochen haben. Die Umsetzung dieser Beschlüsse wird jedoch von der Bundesärztekammer und der Kassenärztliche Bundesvereinigung nicht unterstützt, denn beide Institutionen sind durch ihre Mitgliedschaft der EGK-Gesellschaft
„Gematik“ am wirtschaftlichen Erfolg des Projekts „Elektronische Gesundheitskarte“ mehr interessiert als an der Umsetzung des Mehrheitswillens der Ärzteschaft.

Mit bestem Dank für Ihre Bemühungen
und freundlichen Grüßen

Dr. Christian Nunhofer



« VorherigeWeiter »