„Ärztetag für die Freiberuflichkeit“ nennt der Bayerische Facharztverband (BFAV) die von ihm
organisierte Protestveranstaltung während des Deutschen Ärztetages in Frankfurt am Main, die für den 11. Mai terminiert ist. Im Aufruf zur Teilnahme heißt es: „Wir Ärzte haben viel zu lange zugeschaut, wie unser
Beruf und damit die Gesundheitsversorgung in Deutschland zerstört wurde. Nun setzt die große Koalition die Abrissbirne an. Damit ist jeder von uns aufgerufen, sich dieser Zerstörung zu widersetzen.“

Nun ja. Der BFAV ist vor vier Jahren in die Vollversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gewählt
worden und damit auch in der Vollversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Berlin vertreten. Dass sich allerdings über die Kassenärztlichen Vereinigungen eine Veränderung des Gesundheitssystems nicht erreichen
lässt, liegt auf der Hand. Sind diese doch laut Satzung Körperschaften des öffentlichen Rechts, also so eine Art Amt, und damit an die Weisungen der Landesgesundheitsministerien gebunden. Oder anders ausgedrückt: als untergeordnete
politische Befehlsempfänger ungeeignet, Änderungen im Gesundheitssystem herbeizuführen. Aktives berufspolitisches Engagement in den KVen bedeutet demnach eben genau das: Zum Zuschauen verdammt sein, wenn der Beruf des Arztes
und damit die Gesundheitsversorgung in Deutschland zerstört werden. Die abgelaufene Zeit bestätigt, dass ein KV-Engagement zu nichts führt: Nichts, aber auch nicht ein Jota hat sich für die niedergelassenen Ärzte verbessert
in all den Jahren, die der BFAV im KV-System aktiv ist.

Änderung außer Sichtweite

Warum bringen sich Ärzte überhaupt als Funktionäre ein ins KV-Arztgefängnissystem? Ganz einfach, weil die dreißig
Silberlinge für diesen Bärendienst an der ärztlichen Basis stimmen (sh. den Aufsatz vom 09.03.: „Das ist der Funktionär sich wert“). Die Vertreterin des BFAV in der KV-Spitze in München, Frau Dr. Ilka Enger,
erhält geschätzt drei bis vier Mal so viel Geld für ihr verantwortungsarmes KV-Amt in München wie für ihre risikobehaftete Tätigkeit in der eigenen Praxis als Internistin.

Änderung in Sicht? Wohl kaum. Der Vorsitzende des BFAV, der Neumarkter Orthopäde Dr. Wolfgang Bärtl,
postet am 29.03. auf Facebook, es „geht eben nur über Engagement innerhalb des Systems“. Ergo: Vier Jahre – aus Sicht der Basis, nicht der gut dotierten KV-Funktionäre! – frustrane KV-Arbeit, und nichts dazugelernt.

Protest allein bringt nichts

Welchen Zweck also hat die avisierte Protestveranstaltung auf dem „Ärztetag für die Freiberuflichkeit“
in Frankfurt? Was bringt eine Ärzteprotest Niedergelassener auf der Straße jetzt? Sicherlich genau das, was Ärzteproteste von Niedergelassenen auch in der Vergangenheit gebracht haben: NICHTS! Der eigentliche Zweck des
Events ist, durch das Vorheucheln von Pseudo-Aktivität die Kolleginnen und Kollegen an der Basis zu sedieren, einzulullen, ihnen das trügerische Gefühl zu geben, es werde doch etwas unternommen. Denn nur so lassen sich
auch künftig hoch dotierte KV-Funktionärsposten erhalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie sich nicht so plump missbrauchen! Bleiben Sie zuhause, statt sich
von wohlsaturierten KV-Bonzen für deren Eigeninteresse instrumentalisieren zu lassen. Machen Sie Inventur bei Ihren berufspolitischen Mitgliedschaften und stellen Sie sich kritisch die Frage: Was hat ein Verband wie zum Beispiel
der BFAV in den letzten Jahren an spürbaren Verbesserungen für mich in meiner Praxis erreicht? Falls Sie, ganz nüchtern betrachtet, zur Antwort „Nichts“ kommen und zugleich einsehen, dass nicht liefern wird, wer
auch in vier Jahren nicht hat liefern können, dann ziehen Sie die Konsequenzen: Lassen sich nicht mehr weiter veräppeln – und kündigen Sie ihre Mitgliedschaft.