Was hat die Begrenzung von Manager-Bezügen mit den Einkommen niedergelassener Ärzte zu tun?

Vorweg ist eines klar: Je mehr dem bundesdeutschen Michel brutto in der Tasche bleibt, desto mehr hat er für sinnvolle medizinische Leistungen zur Verfügung. Ob er diese direkt aus eigener Tasche finanziert, sich Zusatzversicherungen leistet, über die Beitragsbemessungsgrenze kommt und so von der gesetzlichen in die private Versicherung wechselt – das ist sekundär. Er tut aktiv etwas gegen die Mangelversorgung, die ihm als GKV-Standard angeboten wird.

Wirtschaft brummt nach wie vor

Nun ist uns Deutschen früher, zu Zeiten der DM bei brummender Wirtschaft – also in Phasen wie der momentanen – tatsächlich mehr Geld geblieben: Unsere Mark wertete auf, und zwar ganz von selbst. Das hat der Devisenhandel sozusagen automatisch erledigt. Damit wurden die Importe billiger. Der „edle Bordeaux“ kostete weniger, ebenso der modische Schuh aus Italien – und der Urlaub in Spanien wurde zum Schnäppchen. Aber dieser Regulations-Mechanismus ist zu Zeiten des Einheits-Euro in all diesen Ländern dahin.

Hm – gibt es denn gar keine andere Möglichkeit, diesen Effekt irgendwie national wiederherzustellen, selbst bei einer Einheitswährung? Doch doch, den gibt es. Es bräuchte die Disziplin seitens der Arbeitgeber, die Gewinne der brummenden Wirtschaft zu einem angemessenen Anteil auch an die Arbeitnehmer weiterzugeben, sprich: die Löhne in den Tarifverhandlungen ordentlich zu erhöhen.

Dann hätten die Arbeitnehmer mehr Geld in der Tasche, könnten sich nicht nur den edlen Bordeaux, die modischen italienischen Schuhe und den Urlaub in Spanien, sondern auch etliche Produkte der heimischen Wirtschaft sowie …sinnvolle Arztleistungen gönnen.

Erfolgs-Beteiligung hat nicht funktioniert

In der Vergangenheit hat diese finanzielle Mitbeteiligung des Bürgers am Erfolg der Wirtschaft allerdings nicht funktioniert. Es gibt eine Maßzahl für die Ungleichheit der Vermögensverteilung in der Bevölkerung: den Gini-Index. Je höher dieser ist, desto ungleichmäßiger wird das Vermögen in der Bevölkerung verteilt.

Und wissen Sie noch, was der Median ist? Im Unterschied zum arithmetischen Mittelwert? Der Median ist der Mittelwert aus der niedrigsten und höchsten einzelnen Abweichung. Beispiel: Eine Schulklasse mit 20 Schülern schreibt eine Arbeit mit folgendem kuriosen Ergebnis: 19 Mal „1“, ein Mal „6“. Median: (1+6)/2 = 3,5. Mittelwert = Notendurchschnitt = (19×1 + 1×6)/20 = 1,25.

In diesem Zusammenhang sehen Sie sich bitte folgende Tabelle an:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Verm%C3%B6gensverteilung

Der Gini-Index ist umso größer, je weiter Mittelwert und Median des Vermögens in einer Bevölkerung auseinanderliegen. Ein hoher Gini-Index bedeutet also, dass das Vermögen in der Bevölkerung sehr ungleichmäßig verteilt ist. Mir fallen in dieser Tabelle ein paar interessante Fakten auf.

Man fühlt sich vera…

Von Frankreich, Italien und Deutschland (den drei großen „Überbleibern“ in der EU nach dem Brexit) haben die Deutschen mit Abstand das geringste Durchschnittsvermögen pro Kopf der Bevölkerung. Dennoch sind wir die Nettozahler in die EU. Merkwürdig, oder?

Italien hat vor kurzem wortreich und gegen die EU-Regeln erklärt, dass es dem armen italienischen Anteilseigner nicht zuzumuten sei, die insolvente Bank „Monte dei Paschi“ mit Mitteln aus seiner Privatschatulle zu retten. Da müsse schon der italienische Staat einspringen.

Da dieser aber bekanntlich pleite ist, wird das Problem sicher an die EU delegiert, ein Rettungsschirm aufgespannt, den dann vor allem der größte EU-Nettozahler – also der deutsche Michel – zu finanzieren hat. Bitte vergleichen Sie nochmal, was der Francesco und der Fritz so durchschnittlich auf der hohen Kante liegen haben. Fühlen Sie sich jetzt auch vera…?

Tendenzen in der Umverteilung

Besonders interessant ist der Gini-Index. Er zeigt, wie gleichmäßig das Geld verteilt ist, und im Vergleich von 2000 zu 2015, ob die Umverteilung von unten nach oben zu- oder abgenommen hat.

In Deutschland hat selbiger Index von 66,7 auf 77,5 schwer zugelegt, womit belegt ist, dass die deutschen Regierungen in diesem Zeitraum eifrig dabei waren, Vermögen von unten nach oben umzuverteilen. Das Merkelsche „Es ging uns noch nie so gut wie heute“ stimmt – für die Kreise, in denen Madame eben verkehrt.

Die Franzosen hingegen haben es tatsächlich geschafft, selbigen Index von 73,0 auf 70,3 etwas zu drücken. Wege dazu: höhere Löhne, 35-Stunden-Woche. Aber der Preis! Frankreich ist nicht mehr konkurrenzfähig im Vergleich zu den von unten nach oben umverteilenden Deutschen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Soziale Unruhen und das nahe politische Ende des sozialistischen Präsidenten Hollande sind die Folge.

Kein Geld trotz Vollbeschäftigung

Übrigens: auch andere Länder murren über das deutsche Lohndumping. Mir hat es eine Tschechin letztes Jahr in Prag direkt gesagt: „Wir Tschechen haben fast Vollbeschäftigung, aber weil wir mit den Preisen noch unter euch Deutschen bleiben müssen, können wir uns von unseren Löhnen fast nichts leisten.“

Abhilfe? Tja, wenn die Löhne der leitenden Angestellten der Großkonzerne, also der Manager, an die Mindestlöhne gekoppelt wären, dann würden sicher manche Tarifverhandlungen anders laufen. Und Bonuszahlungen? Ja, o.k., aber dann bitte prozentual an alle, vom Pförtner bis zum Chef. Und wenn mehr Lohn unterhalb der Vorstandetagen ankommen würde, dann stünde auch wieder mehr Geld für eine vernünftige medizinische Versorgung zur Verfügung.