Hermann Hartmann und Klaus Reinhardt? „Na, was sind das denn für zwei Typen“, wird sich der unbedarfte Leser jetzt vielleicht fragen. Dr. Hermann Hartmann war praktischer Arzt in Leipzig. Zu seiner Zeit ließen die Kassen die Ärzte einzeln antanzen, um ihnen Verträge zur Patientenversorgung anzubieten. Mit dem Ziel eines Unterbietungswettbewerbs. Folge: den Doktoren um die vorletzte Jahrhundertwende ging es wirtschaftlich wirklich übel – ein typischer Hungerleider-Beruf.

Eine kämpferische Botschaft

Das veranlasste Hartmann am 25. Juli 1900 dazu, einen kämpferischen Rundbrief zu verfassen:

„Sehr geehrte Collegen! Lasst uns eine feste, zielbewusste Organisation schaffen zum Zwecke einer energischen Vertretung unserer auf’s aeusserste gefährdeten Interessen! Schliessen wir uns fest zusammen, der Einzelne ist Nichts, alle zusammen sind wir eine Macht. Dann soll man nicht mehr mit dem einzelnen Arzt, sondern mit der Gesammtheit rechnen. Ueberall sehen wir die Angehörigen der einzelnen Berufsstände sich zusammenschliessen, um ihre Ziele durch die Wucht gemeinsamen Vorgehens zu erreichen: handeln wir ebenso, der Erfolg kann nicht ausbleiben! Einer für Alle, Alle für Einen! Aerzte aller Deutschen Staaten, organisiert Euch!“

Die Organisation gelang, die Diktatur der Kassen über die vereinzelten und machtlosen Ärzte ging zu Ende, und der Ärztebund nahm nach dem Tod von Hermann Hartmann den Namen „Hartmannbund“ an.

Der Diener zweier Herren

Seit 2011 heißt der Vorsitzende des „Hartmannbunds – Verband der Ärzte Deutschland e.V“ Dr. Klaus Reinhardt. Er ist Hausarzt in Bielefeld – aber auch Mitglied im Ärztebeirat der Deutschen Ärzteversicherung, jener hundertprozentigen Tochter des AXA-Versicherungskonzerns, die unter anderem als großer privater Krankenversicherer am Markt ist. Anders formuliert: Reinhardt erhält Geld aus der Schatulle des AXA-Konzerns.

Über das Verhandlungsdebakel der Bundesärztekammer zur neuen Gebührenordnung habe ich hier schon des Öfteren geschrieben. Nachdem der letzte Verhandlungsführer Windhorst konsequenterweise zurückgetreten ist, musste ein Neuer her. Dieser Neue ist Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbunds.

Und welche Haltung vertrat jener Funktionärs-Erbe Hermann Hartmanns im Vorfeld des jüngsten Deutschen Ärztetages im Hinblick auf die Verhandlungen zur Gebührenordnung? (zitiert aus einem redaktionellen Bericht des Ärztenachrichtendienstes im Ärzteforum „Hippokranet“ am 25.05.):

„Eine Einigung auf ein Komplettpaket durch BÄK, PKV und Beihilfe ist zwingende Voraussetzung für die Aufnahme eines entsprechenden Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahrens durch die Bundesregierung. Dies bedeutet für beide Seiten Kompromisse. Eine neue GOÄ wird nur im Konsens mit allen Beteiligten durchzusetzen sein. Wer dies nicht akzeptieren will, kann ja auswandern.“

Klappe halten oder Auswandern?

Was die Größenordnung der Honorarerhöhung nach 20 Jahren ohne jedwede Anpassung angeht, so wurden 5,8 Prozent als angemessen angesehen.
Warum so eine Grundeinstellung nicht „zwingende Voraussetzung“, sondern Unfug ist, habe ich in meinem letzten Aufsatz unten erläutert. Da leuchtet in manchem Funktionärs-Oberstübchen nicht gerade viel Licht.

Darum allerdings geht es mir hier gar nicht. Sondern um Folgendes: Reinhardt verrät nicht nur die deutsche Ärzteschaft, sondern tritt auch den Geist Hermann Hartmanns mit Füßen! „Ihr Ärzte, ich als Oberster des Hartmannbundes sage Euch: Akzeptiert die Vorgaben der Politik, haltet die Klappe oder wandert aus!“ So eine Botschaft dürfte Hartmann in seiner Gruft rotieren lassen!

Mit Verlaub meine ganz persönliche Meinung, werter Herr Reinhardt: Sie sind eine Schande für die deutsche Ärzteschaft! Es gibt wohl niemanden, der noch weniger geeignet wäre, an der Spitze des Hartmannbunds zu stehen, als Sie!
Und falls diese Zeilen das eine oder andere Mitglied des HB liest: Treten Sie aus diesem Herrmann-Hartmann-Veräppelungsverein aus! Möglichst schnellstens!