Was
„Antibiotikaresistenz“ ist, wissen Sie bestimmt: Ein
Patient handelt sich – fast ausschließlich im Krankenhaus – eine
bakterielle Infektion ein, gegen die keines der gängigen Antibiotika
mehr greift. Im schlimmsten Fall verstirbt der Patient quasi an einer
„Nebenwirkung“ des Aufenthaltes in einer Klinik. EU-Schätzungen
gehen von mindestens 25.000 Toten pro Jahr in Europa durch
multiresistente Keime aus. Abhilfe? Klar, die Krankenhaushygiene
lässt zu wünschen über! Wenn das mal nicht „etwas zu schlicht
gedacht“ wäre. Die Keime entstehen nämlich kaum in den Kliniken,
sondern werden dorthin eingeschleppt: durch Patienten, Personal und
auch Besucher.

Woher
stammen sie eigentlich? Neulich habe ich in irgendeinem
Fernsehmagazin erfahren, dass Putenkeulen aus dem Supermarkt auf
multiresistente Keime getestet wurden. Ergebnis: 80 Prozent der
Produkte waren kontaminiert. Klar, der Verbraucher merkt davon
nichts, denn durch Braten oder Kochen wird den gefährlichen
Krankheits-Erregern der Garaus gemacht. Aber die Quelle der Keime
wird deutlich: Es handelt sich um die Massentierhaltung. Logisch.
Wenn Zigtausende von Hühnern und Puten oder Tausende von Schweinen
in riesigen Ställen auf engstem Raum zusammengepfercht leben müssen,
dann reicht ein erkranktes Tier aus, um eine Epidemie auszulösen
und so schnell den ganzen Viehbestand anzustecken.
Vorbeugend werden daher in der Massentierhaltung Antibiotika
eingesetzt, um Infektionen erst gar nicht entstehen zu lassen.

Durchwechseln macht resistent

Antibiotika
müssen durchgewechselt werden, weil sich gegen die einzelnen
Substanzen widerstandsfähige – also „resistente“ – Keime
entwickeln. Allerdings bleiben einzelne Krankheitsüberträger über.
Nämlich die, die eben gegen die Substanz A, B und auch C
„multiresistent“ sind. Und die gelangen unter anderem durch die
Abluftanlagen der Mast-Ställe oder auch durch den Verkauf
kontaminierter Produkte (wie zum Beispiel den oben angeführten
Putenkeulen im Lebensmittelhandel) in die Umwelt.

Bis
dahin stellt das immer noch kein Problem dar, denn unsere
körpereigene Abwehr wird selbst mit solchen speziellen Erregern
fertig. Solange der Organismus nicht geschwächt ist und sich die Zahl der
kritischen Keime, die „erledigt“ werden müssen, in Grenzen hält.
Ist allerdings die Abwehr von Herrn Müller im Krankenhaus
geschwächt, weil er sich meinetwegen gerade einer Gallenoperation
unterzogen hat, kann der Handschlag des Bett-Nachbarn, der in der
Nähe einer Geflügelfarm lebt und der die Abluft aus den
Massenställen abbekommt, gefährlich sein und multiresistente Keime
übertragen. Oder die Schwester, die Herrn Müller versorgt, hat
solch einen Keim gerade in einem anderen Patientenzimmer
aufgeschnappt und in der Hektik des personell unterversorgten
Pflegebetriebs vergessen, sich die Hände zu desinfizieren… Ein
fatales Schicksal kann seinen Lauf nehmen.

Billigfleisch fordert hohen Preis

Abhilfe?
Mehr Händedesinfektion, ja, klar. Allerdings sollte sich der Bürger
darüber im Klaren sein, dass er durch seine Gier nach Billigfleisch
wesentlicher Teil der Ursache für „Krankenhaus-Skandale“ ist.
Denn Billigfleisch lässt sich nur durch Massentierhaltung in
ausreichender Menge produzieren. Und der Gesetzgeber? Der sollte sich
nicht nur mit der Krankenhaushygiene beschäftigen, sondern müsste
konsequenterweise die Wurzel des Übels, die Massentierhaltung eben, mit ihrem enormen, aber
unverzichtbaren Einsatz an Antibiotika verbieten. Selbst wenn Fleisch
dann teurer, aber, nebenbei bemerkt, qualitativ auch wesentlich
besser wird.

Wichtig
wäre zudem, dass die Gesetzgebung das stets propagierte, aber de
facto durch Budgets sabotierte Prinzip „ambulant vor stationär“
Realität werden ließe. Solange die rationierte ambulante Medizin
durch fehlendes Honorar dazu zwingt, Patienten allein wegen ambulant
nicht finanzierter Behandlungskosten ins Krankenhaus einzuweisen,
solange trägt jeder GKV-Patient ein erhöhtes Risiko, sich einen
multiresistenen Keim einzufangen. Die Abschaffung der Budgetierung
der ambulanten Medizin würde also nicht nur Kosten einsparen – denn
eine ambulante Behandlung ist immer billiger als eine
Klinikbehandlung – sondern auch noch durch die Vermeidung von
Krankenhaus-Infektionen mit multiresistenten Bakterien Menschenleben
retten.

Sie
selbst sollten Krankenhausbehandlungen meiden, wenn sie irgendwie zu
vermeiden sind. Dazu gehören auch Behandlungen vor allem in
chirurgischen und internistischen Klinikambulanzen.