Über die Kassenärztlichen Vereinigungen habe ich mich schon in früheren Blogbeiträgen ausgelassen. Sie wissen daher vielleicht bereits, dass diese Institutionen unter anderem
dafür zuständig sind, das Geld von den Krankenkassen an die Ärzte weiterzuleiten.

An sich – denken Sie nun eventuell – kann mir als Kassenpatient diese Einrichtung „KV“ doch gleichgültig sein. Es handelt sich um eine Ärzteorganisation, mit der
ich als Patient und Kassenversicherter nichts zu tun habe. Das allerdings ist ein Irrtum! Im Folgenden erkläre ich Ihnen, warum KVen Instrumente zum Schaden der Patienten und der Ärzte, aber zum Nutzen der Krankenkassen
und der Politik sind.

Eine weitere Aufgabe der KVen besteht in der Sicherstellung. Das heißt, die KVen organisieren die ambulante Medizin für die gesetzlich versicherten Patienten so, dass diese
gewährleistet ist.

Patient kann nichts einfordern

Nun kommt der springende Punkt: Als Patient haben Sie kein Vertragsverhältnis mit der KV, können demnach also auch nichts einzufordern. Nun regelt das Sozialgesetzbuch
im 5. Kapitel, § 12: (3) „Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder
hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig
war“. Damit wird juristisch klar zum Ausdruck gebracht, dass der Patient seiner Krankenkasse gegenüber einen Leistungsanspruch hat. Was durchaus einleuchtet: Schließlich zahlt der Patient seine Versicherungsbeiträge
an die Kasse, aber nicht an die KV.

An dieser Stelle kommt der unselige Sicherstellungsauftrag ins Spiel: Jede Kasse wird sich immer darauf herausreden, dass eine nicht erbrachte Leistung durch die KVen und somit
letztlich durch die Ärzte zu verantworten ist, denn bei der KV liegt ja der Sicherstellungsauftrag.

Der Blick ins Ofenrohr

Also: Was haben die Kassen von der KV? Die Möglichkeit, sich der Verantwortung gegenüber den Versicherten zu entledigen, die sie nach Gesetz an sich ihren Versicherten gegenüber
hätten! Und was haben die Patienten von der KV? Den Blick ins Ofenrohr, wenn es um die Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber ihrer Krankenkasse geht! Die Kasse behauptet bequemerweise, der Arzt müsse leisten, der Arzt
hingegen wird darauf hinweisen, dass er nach Gesetzeslage gar nicht leisten darf – und der heillos überforderte Patient steht verzweifelt oder wütend dazwischen.

Den Politikern ist dieser Missstand durchaus klar. Volksvertreter hatten ja auch schon wiederholt angedroht, die KVen zu beseitigen – aber schnell einen Rückzieher gemacht,
als die Ärzte diesem Ansinnen Beifall klatschten. Ja wollen denn die Ärzte die KVen nicht?? Zumindest diejenigen wollen sie nicht, die durchblicken im System. Bloß von denen hören Sie nichts, die haben keine Stimme in
den Medien. Und welche Ärzte sprechen im Funk und Fernsehen überhaupt einmal zum Thema KV? Klar, die KV-Funktionäre, die sich als solche im KV-System dumm und dämlich verdienen. Von einem KV-Funktionär ein Statement zur
Abschaffung der KV zu erwarten ist genau so naiv, wie sich von einem Frosch einen Appell zur Trockenlegung eines Sumpfes zu erhoffen.

Weswegen nur werden also von politischer Seite die KVen nicht abgeschafft? Weil die KVen von den Ärzten per Zwangsbeitrag finanziert werden, aber den Landesgesundheitsministerien
gegenüber weisungsgebunden sind. Die KVen sind also erstens ein kostenfreies Instrument, um politischen Willen gegenüber den Ärzten durchzusetzen.

Zweitens noch dazu ein beliebter Sündenbock für all das, was in der Gesundheitspolitik schief geht. „Da haben die ärztlichen Selbstverwaltungen versagt“ – also die
KVen – ist der Standardsatz eines jeden Gesundheitspolitikers für jeden gesundheitspolitischen Unsinn. Und davon gibt es reichlich. Die zweite Hälfte der Wahrheit, nämlich „Den Mist haben wir Politiker verbockt, die
KVen setzen doch nur gezwungenermaßen um, was wir vorgeben“ verschweigen die Damen und Herren Mandatsträger gewohnheitsmäßig.

Warum sollte die Politik eine überflüssige Behörde abschaffen, die dazu dient, politisches Versagen verschleiern zu können und die obendrein nichts kostet?! Apropos
„nichts kostet“: Arbeiten die KVen wirklich zum Nulltarif? Nein, natürlich „kosten“ sie, nur eben keine Steuergelder. Es handelt sich um riesige Verwaltungsapparate, die sich dadurch finanzieren, dass sie ihre
Beiträge von den Honorarauszahlungen an die niedergelassenen Ärzte praktischerweise gleich einbehalten. Stellt sich die Frage, woher die Mittel für die Arzthonorare kommen? Ah ja, von den Krankenkassen, also letztlich von
Ihren Versichertenbeiträgen! Sie finanzieren also eine Institution, die es Ihnen unmöglich macht, Ihre Rechtsansprüche gegenüber Ihrer Krankenkasse durchzusetzen. Im Fußball heißt das „Eigentor“! Aber mit dem
deutschen Michel lässt sich so etwas ja locker veranstalten. Der arme Kerl gibt anscheinend gern Geld dafür aus, um sich seiner Rechte gegenüber seiner Krankkasse berauben zu lassen…