„Gehe in das
Gefängnis!“ Sie kennen diesen Befehl als leidenschaftlicher oder
gelegentlicher Monopoly-Spieler sicher. Und wissen, dass niemand – nicht einmal beim Monopoly – freiwillig einem Knast-Aufenthalt zustimmt. Genauso wenig wie im echten Leben,
oder?

Na ja, Jean Gabin wollte als Clochard Archimede im berühmten
Film von 1959 „Im Kittchen ist kein Zimmer frei“ im Knast überwintern
– was ihm aber nicht gelang. Seine Randale war dem Richter zu wenig, und so
musste er wohl oder übel in der kalten Jahreszeit von Paris zur Cote azur
tippeln.

Vorab zur Erläuterung: Wer Kassenarzt sein will, wird
Zwangsmitglied in der für seine Gegend zuständigen Kassenärztlichen
Vereinigung, kurz „KV“. Die KV verteilt das von den Krankenkassen
überwiesene Geld unter den Ärzten, unter anderem mit monatlichen
Abschlagszahlungen – und führt die Beschlüsse der Politik aus: die
Kassenärztlichen Vereinigungen sind an die Weisungen der
Landesgesundheitsministerien gebunden.

Professionelle Penner

Jetzt kommt’s: Es gibt einen ganzen Berufsstand, der sich
freiwillig „ins Gefängnis“ begeben hat. Man kann sozusagen von „professionellen
Pennern“ sprechen. Das verdeutlicht folgender kurzer Wortwechsel, den ich
neulich bei einer berufspolitischen Versammlung von Kassenärzten aufgeschnappt
habe. Obschon ich selbst vor einem Jahr aus dem Kassenarztsystem ausgestiegen
bin, hat mich die Neugier gepackt und ich bin hingegangen.

Meint in selbiger Versammlung ein Kollege und Aktiver in der
Kassenärztlichen Vereinigung: „Wir sitzen alle freiwillig im
Gefängnis.“

Ruft unsereiner – wirklich entsetzt – dazwischen: „Ja,
warum kann man nur freiwillig ins Gefängnis gehen?!“

Antwortet mein Sitznachbar zur Rechten augenzwinkernd und
lapidar: „Weil’s da was zu essen gibt.“

Tja, Ärzte haben offenkundig Angst vorm Verhungern. Deswegen
begeben sie sich freiwillig ins Kassenarzt-Gefängnis, erhalten ihre monatlichen
Abschlagszahlungen und müssen – zwar murrend, aber innerhalb des KV-Systems
wehrlos – immer fettere Kröten schlucken, die ihnen die Politik via KV
serviert.

Ach ja, da kam in selbiger Versammlung die Frage auf, warum
denn nicht die von den Ärzten und vermeintlich für die Ärzte gewählten
KV-Vorsitzenden sich gegen die Politik stellen und bei zu arger Gängelung ihr
Amt hinwerfen? Antwort vom KV-Aktiven: „Äh, … da sind die Vergütungen zu
hoch.“

Stimmt: der Vorsitzende der Bundes-KV erhält als Vergütung
laut „Deutsches Ärzteblatt“ vom 14.03.2014 (Seite A 475) 326.372,80 €
pro Jahr plus Dienstwagen, die Länder-KV-Fürsten liegen bei ca. 60 bis 80
Prozent dieses Satzes.


Obolus für Sklaventreiber

Im Klartext: die niedergelassenen Ärzte

– finanzieren ihren eigenen Sklaventreiber von der Organisation „Kassenärztliche Vereinigung“ selber

– sie zahlen deren Vorsitzenden so hohe Gehälter, so dass
diese an ihren Posten kleben und zuverlässig kneifen, wenn es darum geht, die
Interessen der Ärzte gegenüber der Politik nachhaltig zu vertreten. Ein
„Das mach ich nicht mehr mit, ich trete aus Protest zurück“ gibt’s
bei solch horrenden Vergütungen nicht – da ist den Damen und Herren KV-Funktionären
das eigene Hemd viel näher als der Rock der sie alimentierenden Kassenärzte.

Darauf ein donnerndes „Helau!“

Wer freiwillig zur Domina geht, braucht sich über kräftige
Hiebe nicht zu beklagen. Und genau wie eine Domina behandeln Politik und Kassen
die Kassenarzt-Masochisten, ganz nach dem Motto: „Jammert nicht, keiner
zwingt euch, mitzumachen.“ Auf die Idee, dass es auch außerhalb des
Gefängnisses etwas zu essen gibt, kommt von den Kassenärzten allerdings fast
keiner. Resultat: Selber schuld! Wer freiwillig aus Angst vor Verarmung das
Gefängnis wählt, hat genau solch eine Behandlung verdient!