„Geld stinkt nicht“ antwortete der römische Kaiser Vespasian bekanntlich seinem Sohn Titus, als der ihm Vorhaltungen wegen der soeben eingeführten Latrinensteuer machte. Sicher ist das auch Ihr Motto, lieber Herr Kollege Eckart von Hirschhausen, der Sie sich neuerdings nebenbei als Kolumnist der AOK verdingen.

„Bleib gesund“ heißt das Mitgliedermagazin der AOK. Und „Bleib gesund“ kann man als gewissenhafter Arzt AOK-Mitgliedern wirklich nur wünschen – bei dem Versicherungsschutz, den sie dort „genießen“.

Neulich, sehr geehrter Kollege Hirschhausen, haben Sie sich in dieser betriebseigenen Werbebroschüre der Allgemeinen Ortskrankenkassen sehr positiv über Arztbewertungsportale geäußert, mit deren Hilfe der Versicherte ja gute (!) Ärzte finden könne.

Zu gut wäre schlecht

Was Sie offenkundig nicht wissen: Versichert ist bei der AOK (wie übrigens bei allen Gesetzlichen Krankenkassen) nur ausreichende (!) Medizin. In Schulzensuren ausgedrückt: Behandlung maximal Note 4. Ärzte die zu „gut“ (Note 2) behandeln, verfolgt die AOK mit Regress-Verfahren unter Berufung auf den Paragraf 12 SGB V, der gewissermaßen zementiert, die betreffende Klientel eben nur „wirtschaftlich ausreichend, notwendig und zweckmäßig“ zu kurieren.

Nun, persönlich braucht Sie das ja nicht zu stören, denn Sie selber sind ja wohlweislich nicht AOK-versichert – oder etwa doch? Eine konkrete Beantwortung dieser Frage würde mich ebenso freuen wie überraschen.

Vor einem Jahr habe ich meine Kassenzulassung zurückgegeben, weil ich keinesfalls bereit bin, meine Patienten mit Hilfe der Elektronischen Versichertenkarte für die Kassen auszuspionieren. Jenen Patienten, die sich seinerzeit nach vergeblichem eigenem Bemühen mit der Bitte an ihre AOK wandten, für Sie einen weiterbehandelnden Nervenarzt zu finden, antwortete die Kasse in einem Standardbrief: „Bezugnehmend auf Ihre Anfrage zur Terminvereinbarung bei einem anderen Nervenarzt/Neurologen/Psychiater teile ich Ihnen mit, dass wir aufgrund der im §76 SGB V geregelten freien Arztwahl keine Möglichkeit haben, für Sie ohne weitere Angaben einen Termin zu vereinbaren. Es besteht für die Krankenkassen auch keinerlei Verpflichtung, für die Versicherten bei Vertragspartnern Termine zu vereinbaren.“

Nur der Patient lacht nicht

Beigelegt wurden den Schriftstücken Nervenarztlisten mit Anschriften Dutzender Praxen von Bayreuth bis nach Neutraubling bei Regensburg. Klar, so ein bis zwei Stunden Autofahrt „einfach“ zum Facharzt sind einem Patienten nach Vorstellung der Gesundheitskasse locker zuzumuten. Komischerweise fanden die Patienten das gar nicht zum Lachen – obwohl lachen ja angeblich sooo gesund ist und nichts kostet, wie Sie selbst und auch Ihr Teilzeit-Auftraggeber doch bei jeder Gelegenheit betonen!

Ich muss mich berichtigen: Ein Patient hat doch gelacht! Der Herr,der mich trotz Rückgabe der Kassenzulassung weiter beehrt, erzählte mir glucksend: „Wissen Sie was? Gestern hat mich einer von der AOK angerufen und mir empfohlen, meine Ärzte doch im Arztbewertungsportal zu beurteilen. Ist doch toll, wofür AOK-Angestellte Zeit haben, oder?“ – „Na ja, die Zeit haben die Mitarbeiter wohl nicht, aber die AOK hat offenkundig beste finanzielle Reserven für ein externes Telefoncenter“, war meine Erwiderung.

Tja, es besteht zwar auch keine Verpflichtung für die AOK, Hirschhausen-Kolumnen für bestimmt nicht wenig Geld zu ordern – aber Werbung ist der AOK anscheinend wichtiger als Service.

Ein Fall für den Staatsanwalt?

Ganz nebenbei: Falls meine Vermutung zutrifft (dass der Anruf über einen Dienstleister ging), dann wäre sogar der Staatsanwalt zuständig. Aber was interessiert die AOK schon ein Bruch der Schweigepflicht, sofern die Werbekampagne für Arztbewertungsportale gut ankommt?

Darf ich Ihnen eine Anregung für eine neue Kolumne geben, werter Herr Kollege von Hirschhausen? Thema: „Warum es Krankenkassenbewertungsportale bräuchte“. Untertitel: „Weshalb die AOK eine Servicewüste für Versicherte, aber eine Goldquelle für mich ist“! Und vergessen Sie nicht, beim Verfassen herzlich zu lachen über die vielen armen AOK-versicherten Schlucker.

Stimmt schon: Selber schuld, wer so dämlich ist, mit seinen Beiträgen Hirschhausen-Kolumnen und Callcenter zu finanzieren, statt Leistung am Versicherten!

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Ihr Christian Nunhofer